Messenger-Marketing: direkt und persönlich

Messenger-Dienste haben Potenzial für das internationale Hochschulmarketing. Vor allem in der individuellen Beratung können sie für neue Impulse sorgen.

Finger drückt auf App-Icons auf Smartphone
© Bombuscreative/Getty Images

Instant-Messenger-Dienste gehören zu den meistgenutzten Apps auf dem Smartphone. Im April 2017 zählte der Facebook Messenger 1,2 Milliarden aktive Nutzer. Schon ein Jahr zuvor hatte WhatsApp die Milliardenmarke erreicht. Die enormen Reichweiten sind dem Trend zur mobilen Online-Kommunikation abseits der Öffentlichkeit von Social-Media-Plattformen zu verdanken. Messenger-Dienste laufen den etablierten sozialen Medien gerade mehr und mehr den Rang ab. Studien belegen: Wegen ihrer niedrigen Nutzungsschwelle bietet die "Onlinekommunikation in Echtzeit" ein großes Marketing-Potenzial.

Was Messenger-Dienste können

In der Unternehmenskommunikation haben sich die Begriffe Conversational Marketing oder Messenger Marketing für den Kundenkontakt über Messenger-Dienste etabliert. WhatsApp, Facebook Messenger und Snapchat sind international die bekanntesten Anbieter. Daneben gibt es von den großen Konzernen unabhängige, aber weniger verbreitete Dienste wie Threema, Signal, Wire, Kik und Telegram. Auch regionale Anbieter haben zum Teil hohe Nutzerzahlen: WeChat erreicht in China 800 Millionen Menschen. Im südostasiatischen Raum gehört Line zu den beliebtesten Anbietern. 

Wie Messenger-Dienste im Hochschulmarketing einsetzbar sind

Die wichtigste Nutzungsmöglichkeit von Messenger-Diensten bei der Ansprache internationaler Studierender ist die Beratung. Je niedriger die Schwelle zu einem Informationsangebot, desto früher erreicht es Interessierte in der Entscheidungsphase. Die Studienberatung im 1:1-Chat und die Unterstützung der internationalen Zielgruppe bei individuellen Fragen erfordern einen beträchtlichen Aufwand und ausreichend Personal, binden die Nutzer aber gleichzeitig stark an die beratende Hochschule. Für das Push-Marketing bietet der Nachrichtenversand interessante Möglichkeiten. Über Messenger-Dienste lassen sich Newsletter unkompliziert versenden, anteasern und verlinken. Die Nachrichten sollten hohe Relevanz haben, "Spam" wird von Nutzern auf den überwiegend privat verwendeten Kanälen nicht toleriert. Einfach ist die Integration eines Share-Buttons. So können Nutzer Inhalte der Website direkt mit anderen teilen.

Es gibt nur wenige verlässliche Informationen zur Nutzung von Messenger-Diensten. Für Deutschland hat das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) 2015 einige Daten erfasst. Demnach greifen mehr als 90 Prozent der unter 30-Jährigen zur Orientierung und Kommunikation auf Messenger-Dienste zurück. Einer Erhebung des englischen Marktforschungsinstituts Kantar zufolge nutzten im Jahr 2015 69 Prozent der Bewohner Chinas, 73 Prozent der Brasilianer und 39 Prozent der Briten täglich Messenger-Dienste. Mehr als die Hälfte der weltweiten Internetnutzer verwendete täglich Messenger-Programme. Seitdem steigen die Zahlen von Jahr zu Jahr.

Was rechtlich zu beachten ist

Grundsätzlich gelten die Nutzungs- und Datenschutzbestimmungen der Anbieter, daher sollten generell keine vertraulichen Daten übermittelt werden. Es empfiehlt sich, die Abstimmung mit einem Datenschutzbeauftragten der Hochschule vorzunehmen. Angaben zum Umgang mit personenbezogenen Daten sind grundsätzlich nötig.

Dazu gehören folgende Hinweise:

  • Der Service dient nur der Beantwortung der Fragen.
  • Nach Abschluss der Unterhaltung werden die Daten gelöscht.
  • Daten werden von der Universität nicht an Dritte weitergegeben.

Kommerzielle Nutzungen sind bei Messenger-Diensten, vor allem beim Facebook Messenger, im Gespräch, aber noch nicht implementiert (Stand April 2017). Die Verwendung im Direktmarketing über eine Broadcast-Liste ist jedoch unproblematisch, da die Absender nur auf Einwilligung der Nutzer mit ihnen in Kontakt treten können: Nachrichten werden per Messenger-Dienst nur empfangen, wenn der Nutzer die Telefonnummer des Absenders zuvor in den eigenen Kontakten speichert und ihm aktiv eine Nachricht zusendet. Ein Double-Opt-in-Verfahren, bei dem die Anmeldung etwa mit einer E-Mail bestätigt werden muss, ist daher nicht erforderlich.

Weshalb Messenger-Dienste bisher noch zurückhaltend genutzt werden

Bisher setzen deutsche Hochschulen Messenger-Dienste im internationalen Hochschulmarketing nach Aussage von in diesem Bereich aktiven Agenturen nicht gezielt ein. Auch in anderen Ländern sind Hochschulen noch zurückhaltend, bestätigen QS Digital Solutions in London und Higher Education Marketing in Montreal: Die Nutzung sozialer Medien habe sich durchgesetzt, doch nur wenige Hochschulen seien in ihrer Marketingarbeit mit Messenger-Diensten vertraut. Als Gründe werden der hohe personelle Aufwand und Bedenken aufgeführt, über die Mobilnummer in die Privatsphäre der Nutzer einzudringen. Ein weiterer Aspekt, der für Zurückhaltung sorgt, ist die komplizierte Rechtslage bei der Weitergabe personenbezogener Daten in die USA. Die Anbieter müssten ein klareres Bekenntnis zur Business-to-Consumer-Interaktion leisten, bevor das Potenzial des Messenger-Dienstes für das Hochschulmarketing ausgelotet werden könne.

Messenger-Dienste lassen sich unterschiedlich einsetzen:

  • Versand und Empfang von Bildern, Videos, Sprachnachrichten und Standorten
  • direkte Chats (1:1) mit einzelnen Nutzern
  • Gruppenchats mit mehreren Teilnehmern (alle Nutzer können die Kontakte sehen und alle Antworten lesen; geeignet nur für kleine Gruppen)
  • kostenfreier Nachrichtenversand an große Gruppen (WhatsApp: bis 256 Teilnehmer) über eine sogenannte Broadcast-Liste, in der die Empfänger untereinander nicht verbunden sind und die zur wiederholten Verwendung gespeichert wird; Antworten erreichen nur den Versender; für größere Gruppen kommen kostenpflichtige Angebote wie WhatsBroadcast in Frage
  • Integration eines Messenger-Share-Buttons auf einer Website zum Teilen interessanter Inhalte

Welche Erfahrungen deutsche Hochschulen machen

Trotz der Einschränkungen gibt es erste Erfahrungen im Umgang mit dem Medium an deutschen Hochschulen. Bisher kommen vor allem WhatsApp und der Facebook Messenger zum Einsatz. Die Universität Hohenheim gehörte 2014 zu den Pionieren, als sie in einer Aktionswoche die Studienberatung per WhatsApp ausprobierte. Johanna Lembens-Schiel, Leiterin des Hochschulmarketings der Universität, fasst die Erfahrung zusammen: "Der Erfolg ist gut, der Arbeitsaufwand hoch." Rund 500 Anfragen hat die Studienberatung in dem Zeitraum beantwortet, 20 Prozent der Fragen kamen auf Englisch und von internationalen Studierenden. Dabei wurde die Aktion nicht aktiv im Ausland beworben. Allerdings hatte die Hochschule auf der Website mehrfach auf sie verwiesen. Weil das Angebot so positiv aufgenommen wurde, findet sie nun einmal im Jahr statt.

Ulrich Krieger von der Zentralen Studienberatung war in der Woche ausschließlich mit der Beantwortung der Anfragen beschäftigt. Bei den internationalen Nutzern standen die Themen Zulassung und Sprachkenntnisse im Fokus: Informationen, die auch auf der Website eigentlich leicht zu finden sind. "Doch gerade internationale Interessenten möchten sich versichern, dass sie alles richtig verstanden haben", sagt Krieger. Die direkte Kommunikation sei sehr gut angekommen. Allerdings sei es wichtig, schnell zu reagieren. "Schon eine halbe Stunde Antwortzeit ist für die Nutzer inakzeptabel."

Der Service ist eine Frage der Kapazitäten: Diese Erfahrung machte auch Petra Heydrich, Koordinatorin der Ende 2015 abgeschlossenen Hochschulmarketing-Kampagne der ostdeutschen Länder "Studieren in Fernost". Während der Kampagne wurden unter anderem Messenger-Dienste ausprobiert: "Wenn die Universitäten diesen Dienst dauerhaft nutzen wollen, brauchen sie mehr Mitarbeiter", so Heydrich. Die Thüringer Universitäten beschränken ihren WhatsApp-Service daher wie die Universität Hohenheim auf eine Aktionswoche. Die Hochschule Anhalt bietet einen täglichen, aber zeitlich begrenzten WhatsApp-Service. Petra Heydrich sieht das Potenzial für Messenger-Dienste vor allem im Ausbau der Service- und Freundlichkeitsoffensive der Hochschulen. "Die Studieninteressierten stellen ihre Fragen schneller via Messenger als per Telefonat oder in einem persönlichen Gespräch."

Eine praktische Lösung hat die Universität Greifswald mit ihrem dauerhaften WhatsApp-Service gefunden. Beantwortet werden die Anfragen nicht von Studienberatern, sondern von so genannten "Campus-Spezialisten": Zwei Studierende wechseln sich mit dem Dienst als WhatsApp-Berater ab. Die Anfragen werden auf diese Weise schnell beantwortet.

Internationale Studierende sitzt auf der Treppe mit Smartphone
© N. Hüttermann/DAAD

Internationale Studierende nutzen die Messenger-Angebote von Hochschulen, um sich individuell und spezifisch beraten zu lassen.

"Studierende als WhatsApp-Berater einzusetzen hat sich bewährt. Die Nutzer schätzen die Beratung auf Augenhöhe. Betreffen die Fragen speziellere Themen, vermitteln die Berater kompetente Ansprechpartner. Nachteile sehen wir in der Nutzung von Messenger-Diensten eigentlich keine, außer dem, dass sich von heute auf morgen der bevorzugte Dienst ändern kann."

Jan Meßerschmidt, Leiter der Presse- und Informationsstelle der Universität Greifswald

Welche Erfahrungen Hochschulen im Ausland machen

Wer nach Messenger-Diensten an Hochschulen weltweit sucht, stellt fest, dass in einigen Ländern bereits deutlich mehr Angebote dieser Art existieren. Universitäten in den USA und in Hongkong sind besonders aktiv, in Europa gelten die Niederlande als Vorreiter in der Live-Online-Kommunikation.

Die Universität Twente im niederländischen Enschede bietet seit Ende 2015 zusätzlich zu ihrem Chat-Service einen Whatsapp-Kanal für Studierende der englischsprachigen Bachelor-Programme an. Zehn bis 20 Anfragen erreichen die jeweils zwei bis drei Ansprechpartner im Servicecenter jeden Tag, die Mehrzahl von ihnen studiert selbst noch. Oft ergeben sich aus den ersten vorsichtigen Anfragen längere Gespräche zu Anforderungen und Gepflogenheiten an der Hochschule. "Die meisten Kontaktanfragen kommen von internationalen Studierenden", sagt Tom van der Meer, der Technische Naturkunde in Enschede studiert. Seiner Erfahrung nach fällt es den Studieninteressenten leichter, ihre Fragen per WhatsApp zu stellen: "Das Schöne ist, dass man sich auf einer informellen Ebene unterhalten kann."

Die beliebtesten Messenger-Apps weltweit

Weltkarte mit verschiedenen Regionen farblich markiert mit beliebtesten Apps weltweit
© SimilarWeb

Janet Schayan (12. Juni 2017)

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