Strategieentwicklung: Marketing als Baustein der Internationalisierung

Glaubwürdige Marketingstrategien orientieren sich an der Praxis. Internationalisierungskonzepte geben die Richtung vor, erfolgreich umgesetzt werden weltweite Maßnahmen aber erst dank der Zusammenarbeit vieler verschiedener Akteure.

Personen sitzen am Tisch und sehen sich eine Weltkarte an
© Adobe/rawpixel.com

Die Themen Internationalisierung und Strategiebildung sind an deutschen Hochschulen angekommen, bei ihrer Umsetzung gibt es aber große Unterschiede. Eine Studie von GATE-Germany zu den Strukturen und Prozessen im internationalen Hochschulmarketing aus dem Jahr 2016 zeigte: Nur ein Drittel der befragten deutschen Hochschulen verfolgten eine internationale Marketingstrategie. Bei rund 20 Prozent war sie in der Entwicklung. Etwa die Hälfte der Hochschulen hatte lediglich eine national ausgerichtete Marketingstrategie. Trotzdem wird eine strategische Ausrichtung des internationalen Marketings mehrheitlich als erfolgsfördernd wahrgenommen. Mehr noch: In manchen Bundesländern müssen Hochschulen inzwischen Landeszielvorgaben bei der Internationalisierung einhalten, die Zahl der zu rekrutierenden internationalen Studierenden wird vom Land vorgegeben. Wird sie nicht erreicht, sind Budgetkürzungen die Folge – der Finanzhaushalt der Hochschulen hängt in diesen Fällen direkt von erfolgreichen internationalen Marketingstrategien ab. Wo also liegen die Herausforderungen bei der Erarbeitung einer Strategie für das internationale Hochschulmarketing?

Internationalisierung in den Fachbereichen

Das internationale Marketing ist eine Querschnittsaufgabe aller Ebenen einer Hochschule. Viele verschiedene Abteilungen sind eingebunden. Die Fakultäten allein sind der Aufgabe nicht gewachsen, eigene Studienangebote und Forschungskooperationen zu vermarkten. Sie benötigen die Unterstützung der zentralen Hochschulstruktur. „Um eine globale Marketingstrategie zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen, wird die Hilfe der Hochschulleitung sowie anderer Verwaltungsbereiche dringend benötigt“, sagt Iris Vernekohl, Referentin für das Thema Internationalisierung im International Office der Ruhr-Universität-Bochum (RUB). Seit 2010 gibt es an der RUB eine stetig weiterentwickelte Internationalisierungsstrategie. Das zentrale Ziel ist eine weltweit vernetzte Spitzenforschung. Internationalisierung finde letztlich im wissenschaftlichen Bereich statt, erklärt Vernekohl. Die Internationalisierungsstrategie der RUB ist deshalb fest in den Fakultäten verankert: Zwei Jahre lang hat die Hochschule an allen Fakultäten Internationalisierungsbeauftragte eingesetzt. „Damit haben wir wichtige Strukturen geschaffen“, sagt Vernekohl. „Auch für die Umsetzung des internationalen Marketings brauchen wir Ansprechpartner an den Fakultäten, die sich verantwortlich fühlen, die Zielgruppen kennen und an ihrem Institut alle relevanten Personen zusammenbringen.“

Mühsame, aber wichtige Abstimmungsprozesse

Dies gilt auch mit Blick auf das neue Zielland Japan, in dem die RUB künftig forschungsbasierte Kooperationen mit Partneruniversitäten ausbauen will. Grundlage war eine Analyse innerhalb der Fakultäten: Wie groß ist das Interesse? Welche Kooperationen bestehen bereits? Auf welchen Gebieten ist eine Zusammenarbeit sinnvoll? „Abstimmungsprozesse und Wissenseinholung sind das A und O, denn die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen müssen wirklich hinter der Strategie stehen“, erklärt Iris Vernekohl. Schon einen Termin für Gespräche zwischen Wissenschaftlern, Vertretern aus der Verwaltung sowie Mitarbeitern aus dem Marketing und dem International Office zu finden, sei komplex. Aber es lohne sich. Auf den „RUB Japan Science Days“, einer mehrtägigen internationalen Konferenz, tauschten sich zum Beispiel Akteure der RUB mit ihren Counterparts an den Partnerhochschulen aus. Dadurch konnten mehr Fachbereiche für Forschungskooperationen gewonnen und neue Studiengänge mit internationalem Fokus geschaffen werden.

Vizepräsident der Universität Tokyo unterschreibt im Buch
© RUB/Michael Schwettmann

Vernetzung auf Ebene der Hochschulleitungen: Professor Masashi Haneda, Vizepräsident der Universität Tokyo (vorn), trägt sich im Büro von Rektor Professor Axel Schölmerich in das Gästebuch der RUB ein. Beide Universitäten verbindet eine jahrzehntelange Partnerschaft.

Vortrag von Professor Gregor Leander Cyber-Sicherheit im Zeitalter großskaliger Angreifer
© RUB/Michael Schwettmann

International vernetzte Spitzenforschung: Professor Gregor Leander vom Excellence Cluster „Cyber-Sicherheit im Zeitalter großskaliger Angreifer“ im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen der japanischen Partnerinstitutionen der RUB.

Marketingmaßnahmen mit Wirkung nach innen

Wie wichtig das Zusammenspiel aller beteiligten Akteure ist, wird auch an der Universität zu Köln (UzK) deutlich. „Eine Marketingstrategie kann nicht am grünen Tisch eines Marketingdepartments entstehen“, erklärt Professor Heinz-Peter Mansel, Prorektor für Internationales. „Sie kommt aus der Praxis für die Praxis.“ Es müssen sich daher alle universitären Stakeholder an der Kommunikation beteiligen – von der Universitätsverwaltung und den Fakultäten über das zentrale Marketing und das International Office bis hin zu den Verbindungsbüros in Peking, Neu-Delhi und New York. Im Rahmen der Exzellenzinitiative positioniert sich die UzK auch durch neue internationale Graduiertenprogramme. Die Stärkung internationaler Forschungspartnerschaften und der Kernprofilbereiche durch die Kooperation mit Spitzenforscherinnen und Spitzenforschern aus aller Welt ist Teil des Internationalen Programms. „Die Marketingstrategie kommuniziert die Inhalte unserer Internationalisierung und ist daher ein wichtiger Baustein zu ihrer Umsetzung“, betont Mansel. Die Marketingstrategie präge nicht nur das Image der Universität nach außen, sondern wirke auch nach innen. Sie verdeutliche das Selbstverständnis und die gemeinsam erarbeiteten Ziele der Hochschule.

„Digital ist international“

In der Praxis verläuft der Austausch zwischen Exzellenzclustern, dem International Office und den Kollegen im Marketing vor allem projektbezogen. Bei der Jahresbesprechung mit den Verbindungsbüros werden alle wichtigen internationalen Termine und Ziele abgesteckt und geplant. „Das Zukunftskonzept gibt die Richtung vor. Wir unterstützen die Kolleginnen vor Ort und spielen Inhalte über die digitalen Kanäle aus“, erklärt Svenja Rausch, Managerin für digitales und internationales Marketing. Ihre Stelle ist im zentralen Marketing angesiedelt und wurde im Rahmen der Exzellenzinitiative geschaffen. „Digital ist international“, sagt sie. Rausch soll die Dachmarke „Universität zu Köln“ bei allen internationalen Marketingaktivitäten ansprechend positionieren. „Auf Fakultätsebene, beispielsweise in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, haben wir einige internationale Studiengänge, die über das fakultätseigene Marketing beworben werden“, erklärt Rausch. „Wir arbeiten hier eng zusammen und koordinieren unsere Maßnahmen, um Synergien in der Außendarstellung zu erzeugen.“

Internationalisierung als Leitgedanke

An der Technischen Universität München (TUM) wird die Internationalisierung von sechs Personen gesteuert. „Die Hochschulleitung setzt die Ziele, die erreicht werden sollen“, erklärt Hochschulsprecher Dr. Ulrich Marsch. „Das wird dann auf alle Ebenen herunter kaskadiert.“ Die TUM gilt deutschlandweit als Vorreiter in der Internationalisierung und versteht sich seit jeher als international ausgerichtete Universität: Vor über 20 Jahren richtete sie den ersten englischsprachigen Studiengang ein.

Forscher im Labor tauschen sich aus
© TUM

Forschung an der TUM Asia: international und interdisziplinär.

Studenten schauen sich ein Magazin an
© TUM

Markenbildung an der TUM: „Internationalisierung wird stets mitgedacht.“

Mit TUM Asia gründete die Hochschule 2002 die erste Außenstelle einer deutschen Universität im Ausland. „Wir haben die Ingenieur- und Naturwissenschaften immer stärker zu den lebenswissenschaftlichen und medizinischen Fächern geöffnet“, sagt Marsch. Inzwischen gebe es auch eine enge Verbindung zu den Sozial- und Geisteswissenschaften. „Damit schaffen wir Alleinstellungsmerkmale. Mit diesem Markenkern werben wir im Ausland.“ Bei Marketingaktivitäten werde die Internationalisierung immer mitgedacht, erklärt der Sprecher des Präsidenten. Die TUM als internationale Marke laufe als Leitgedanke stets mit. Als Beispiel nennt er die neue Fakultät für Luft-, Raumfahrt und Geodäsie, die an der TUM eingerichtet werden soll. „Wir brauchen in absehbarer Zeit 30 neue Professoren. Doch wo kommen die her?“, sagt Marsch. Der Auftrag sei völlig klar: Weltweit suchen, Stellenausschreibungen international kompatibel formulieren und flankierende Maßnahmen, beispielsweise für Ehepartner, durch das Dual Career Office anbieten. „Diese Abläufe sind an der TUM institutionalisiert: Ich spreche mit internationalen Fachmagazinen und schalte gezielt Werbung, das Berufungsteam ermittelt den günstigen Zeitpunkt für die weltweite Aussendung, die zentrale Abteilung für Forschungsförderung und Technologietransfer ist auch mit im Boot – und schon haben wir schnell eine abgestimmte, strategische Planung.“ In der Praxis seien alle beteiligten Bereiche stark miteinander verwoben, die Leitungsgruppe bewusst klein gehalten. „Die Umsetzung unserer Internationalisierungsstrategie hat für uns oberste Priorität, und alle Maßnahmen zielen auf sie“, betont Marsch. So werde aus der Verbindung von wissenschaftlichen Alleinstellungsmerkmalen, internationalen Berufungen und weltweiter Hochschulkommunikation eine internationale Marketingstrategie.

Gunda Achterhold (12. Februar 2019)

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