Emotionales Studierendenmarketing via Instagram

Der erste Schnee auf den Dächern der Universität, stolze Absolventinnen und Absolventen, die ihren Doktorhut zum Studienabschluss in die Luft werfen oder die Blutspendeaktion auf dem Unicampus: Mit solchen Bildern auf Instagram wirkt die Hochschule nahbar und persönlich.

Autorin: Susanne Geu (28. Januar 2020)

Studentin betrachtet Instagram-Account der RWTH Aachen auf ihrem Smartphone
© RWTH Aachen/Julien Duhem/Collage FAZIT Communication

Instagram kam im Jahr 2010 als Online-Plattform zum Aufbereiten und Teilen von Fotos und Videos auf den Markt. Inzwischen hat die App eine Milliarde monatlich aktive Nutzerinnen und Nutzer und wird bei der jungen Zielgruppe immer beliebter. 60 Prozent der Instagram-User sind zwischen 18 und 24 Jahre alt, die große Mehrheit ist unter 35. Die meisten Instagram-User gibt es in den USA (116 Millionen), Indien (73 Millionen) und Brasilien (72 Millionen). Dahinter folgen Indonesien, Russland, die Türkei, Japan und Großbritannien (Stand Oktober 2019). Über 60 Prozent loggen sich täglich ein und machen den Online-Dienst damit zum meistgenutzten Netzwerk nach Facebook.

Die Zahlen sprechen für sich. Mit dem starken Fokus auf Bild und Bewegtbild und der Ausrichtung auf Mobilgeräte trifft der Dienst in der jungen Generation weltweit den Zeitgeist. Damit ist Instagram auch zu einem vielversprechenden Marketingtool avanciert, das Hochschulen gezielt für das internationale Studierendenmarketing nutzen sollten.

Welchen Instagram-Kanal nutzen?

Ob es Sinn macht, einen eigenen Instagram-Kanal für das International Office einzurichten oder konkrete Inhalte für den Hauptkanal der Hochschule zuzuliefern, hängt von verschiedenen Faktoren ab und sollte strategisch entschieden werden.

An der Universität Leipzig bereitet Lina Hörügel, Referentin für digitale Kommunikation in der internationalen Öffentlichkeitsarbeit, einzelne Beiträge für den Instagram-Hauptkanal der Universität vor. Ihre Posts wenden sich an internationale Studierende, die nach Leipzig kommen, und an deutsche Studierende, die ins Ausland gehen. „Wir nutzen die Instagram-Beiträge primär, um unsere Studierenden in Deutschland zu motivieren, ins Ausland zu gehen. Unter dem Hashtag #entdeckerbleiben interviewe ich regelmäßig Studierende und frage, warum sie Lust haben, ins Ausland zu gehen oder welche Eindrücke sie von ihrem Auslandssemester oder ihrem Praktikum mitgebracht haben“, so Hörügel. Im Rahmen der Willkommenswoche stellt sie darüber hinaus internationale Studierende in sogenannten Instagram-Stories vor.

An der RWTH Aachen betreibt das International Office erfolgreich einen eigenen Instagram-Kanal mit mehr als 2.300 Followern. Den Hauptkanal der Universität mit fast 33.000 Followern gibt es seit 2014. Im September 2018 beschlossen Tamara Weber, Koordinatorin des Humboldt-Hauses, und Claudia Pankanin vom Internationalen Marketing, es mit einem eigenen Account zu versuchen. „Wir haben so viel Material, dass wir regelmäßig etwas posten können – mindestens zwei, manchmal aber auch fünf Beiträge pro Woche. Das Humboldt-Haus ist eine interkulturelle Begegnungsstätte, hier finden Länderabende statt oder das ,Global Village‘, um unsere internationalen Studierendenvereine vorzustellen. Zu diesen Gelegenheiten entstehen immer viele schöne Fotomotive“, berichtet Weber.

Zur Go Abroad Week übernimmt das International Office auch schon einmal den großen RWTH-Account und postet live von der Messe. Viele Follower werden so auch auf den Kanal des International Office aufmerksam.

Emotionaler Content schafft Verbindung

Social-Media-Manager Sebastian Dreher betreut den Hauptkanal der RWTH Aachen und konnte in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen sammeln, welche Inhalte auf Instagram funktionieren und welche nicht. Aus seinem Büro hat er einen guten Blick auf die Altstadt mit Dom. „Wenn es schneit, fotografiere ich aus meinem Fenster die verschneite Stadt und sage unseren Followern ‚Guten Morgen‘. Oder ich suche anhand der Hashtags #Aachen oder #lieblingsstadtac nach tollen Aufnahmen, die ich reposten kann. Solche Bilder bekommen viele Likes. Ein Professor im Kornfeld, der über Pflanzenschutzmittel aufklärt, bekommt weniger Reaktionen. Trotzdem finde ich die Mischung zwischen Forschungsinhalten und emotionalem Content wichtig“, fasst Dreher die inhaltliche Ausrichtung des Kanals zusammen.

Seine Kollegin Tamara Weber gibt den Studierenden auch Einblick ins International Office. Sie stellt regelmäßig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz vor, um eine Verbindung auf menschlicher Ebene zu schaffen: "Wir wollen nahbar sein. Ich bin froh, dass die Kollegen dabei so gut mitziehen. In den Posts thematisieren wir auch Hobbys oder private Reisen und Dienstreisen. Oder zeigen selbstgebackene Kekse unserer studentischen Hilfskräfte."

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Unter dem Titel "So nutzen Hochschulen soziale Medien für die Rekrutierung internationaler Studierender" hat GATE-Germany einen Leitfaden zur strategischen Nutzung von sozialen Medien am Beispiel Facebook herausgegeben.

Titelseite GATE-Germany Marketingwissen kompakt: Social Media Leitfaden
© DAAD

Insta Live

Die Kampagne "studieren weltweit – ERLEBE ES!" nutzt ihren Instagram-Kanal auch für Live-Sessions inklusive Beratung: Studentische Botschafterinnen und Botschafter tauschen sich zu verschiedenen Themen der Auslandsmobilität aus und beantworten Fragen der Community.

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Interaktion findet über Instagram-Stories statt

Im August 2016 wurde die Stories-Funktion von Instagram vorgestellt. Die Zahl der täglichen Nutzer ist stetig gestiegen und belief sich im Januar 2019 auf rund 500 Millionen. Die Stories, 15-sekündige Video-Clips, die nach 24 Stunden automatisch wieder gelöscht werden, sind inzwischen auch für viele Hochschulen aus dem Instagram-Marketing nicht mehr wegzudenken und genießen die gleiche Priorität wie der Bilderfeed.

Die Hochschule Fulda veröffentlicht jeden Montag das Word of the Week in ihrer Story und speichert den Inhalt anschließend als Highlight in ihrem Profil, damit der Inhalt doch länger Bestand hat als 24 Stunden. „Der Fachbereich Pflege und Gesundheit ist mit diesem Format auf uns zugekommen, um die Internationalisierung an unserer Hochschule zu fördern. Mit vorbereiteten Templates werden die Studierenden gefragt ‚An was erinnert euch das Wort und womit verbindet ihr es?‘ Am Freitag veröffentlichen wir die Antworten zu dem jeweiligen Wort dann in unserer Story“, berichtet Marleen de Ginder, Social-Media-Redakteurin an der Hochschule Fulda. Mit Wörtern wie „study“ (Englisch), „Jugaad“ (Hindi) oder „Wu Wei“ (Chinesisch) werden so verschiedene internationale Zielgruppen angesprochen.

Das Story-Format fördert die Interaktion zwischen Hochschule und Studierenden. Mit Umfrage-Stickern, lustigen Filtern, GIFs und Emojis lassen sich Hochschulgeschichten noch emotionaler und kreativer erzählen. Tamara Weber von der RWTH Aachen verlinkt in den Stories auch Beiträge von anderen Accounts oder teilt Story-Clips von Studierenden, die die RWTH Aachen in ihrer eigenen Story taggen.

Redaktionsplan sichert regelmäßigen Content

Ein erfolgreicher Instagram-Account lebt von interessanten Inhalten. Kreative Postings fallen aber selbst dem besten Social-Media-Redakteur nicht immer dann ein, wenn sie gebraucht werden. Mit Hilfe eines Redaktionsplans können Hochschulen sowohl die kontinuierliche Veröffentlichung ihrer Beiträge absichern als auch die inhaltliche und visuelle Ausrichtung ihres Kanals im Blick behalten.

An der Universität Hamburg werden die Social-Media-Kanäle gleichwertig zu allen anderen Pressetools betrachtet. Das Social-Media-Team nimmt an allen Redaktionskonferenzen teil und erstellt für die Folgewoche einen eigenen Redaktionsplan. „Wir überlegen uns, was die Themen der Woche sind und planen selbst einen Teil unserer Stories langfristig. Dazu schreibe ich kurze Storyboards. Bei größeren Themen wie zum Beispiel dem Klimawandel haben wir die Klimakonferenz in Madrid zum Anlass genommen, um ein Story-Quiz zu entwickeln. Ich habe mich mit einer Pressekollegin und einem Wissenschaftler ausgetauscht und Fragen erarbeitet. Das Klima-Quiz ist auch weiterhin in unseren Highlights verfügbar“, erzählt Kira Oster, Social-Media-Redakteurin der Universität Hamburg.

Takeovers: Content von Studis für Studis

Ein anhaltend beliebtes Format für Story und Feed sind so genannte Takeovers. Studierende, die sich im Auslandssemester befinden oder internationale Studierende in Deutschland bekommen für eine Woche das Passwort für den Instagram-Kanal der Hochschule, um ihren Studienalltag und ihre Freizeitaktivitäten zu dokumentieren.

Die Studierenden dürfen in der Regel frei entscheiden, was sie auf dem Kanal der Hochschule zeigen. Weder die Universität Leipzig noch die RWTH Aachen haben bisher schlechte Erfahrungen damit gemacht, den Account aus der Hand zu geben. „Wenn die Studierenden ihren Alltag in Kamerun auf Instagram teilen, ist das Content von Studis für Studis und kommt sehr gut an“, sagt Sebastian Dreher. Eine durchgängige Bildsprache ist dadurch nicht immer zu gewährleisten. Instagram-User haben generell hohe Ansprüche an die Ästhetik eines Feeds. Für Dreher sind solche authentischen Bilder aber wichtiger als eine grafisch durchgestylte Kampagne.

Beratungsanfragen per Direktnachrichten ernst nehmen

Über Instagram finden immer mehr Studierende den Weg an die Hochschule. Sie melden sich per Direktnachricht und bitten um weitere Informationen. Auf dem Kanal des International Office der RWTH Aachen kümmert sich das Info Service Center um die Anfragen in den Direct Messages (DMs). Die Kollegin aus dem Info Service Center verfügt ebenso wie Tamara Weber und Claudia Pankanin über das Instagram-Passwort und kann so schnell und unkompliziert reagieren.

An der Hochschule Fulda möchte man die Fragen der internationalen Studierenden ebenfalls umgehend beantworten. Die Zielgruppe ist besonders am Wochenende auf Instagram unterwegs und hält sich nicht an übliche Sprech- oder Öffnungszeiten. „Es macht für uns keinen Sinn, Instagram am Freitagmittag abzustellen und uns erst wieder am Montagmorgen um die Anfragen zu kümmern. Natürlich sind wir nicht 24 Stunden am Tag online, aber wir behalten auch am Wochenende den Kanal im Blick. Den Kommentar ‚Hey schönes Bild, aber habt ihr meine Nachricht nicht gelesen?‘ möchten wir nicht bekommen. Deshalb gibt’s auch am Samstag oder Sonntag eine Antwort von mir. Für Urlaub und andere Abwesenheitszeiten vereinbaren wir entsprechende Vertretungsregelungen“, erklärt Social-Media-Redakteurin Marleen de Ginder.

Content-Optimierung durch Erfolgsmonitoring

Welche Themen und Bilder auf Instagram besonders gut funktionieren und wie oft das eigene Hochschulprofil von den Nutzerinnen und Nutzern bei Instagram aufgerufen wird, kann man über die Instagram-Statistik nachvollziehen, die allen Business-Accounts automatisch zur Verfügung steht.

Die Universität Hamburg erstellt darüber hinaus eigene monatliche Reportings, die das Wachstum des Kanals mit derzeit 15.000 Followern dokumentieren. „Unser Zuwachs liegt jeden Monat im dreistelligen Bereich. Wir schauen uns die Abonnentenzahl im Vergleich zum Vormonat an, werten die Likes und Shares pro Beitrag aus und versuchen so, unsere Inhalte weiter zu optimieren“, fasst Kira Oster das Monitoring des Kanals zusammen.

Instagram-ABC

Feed: Gesamtheit aller Bilder auf dem eigenen Instagram-Profil. Ein einheitliches Design und eine stimmige Bildsprache werden von vielen Usern geschätzt.

Stories: 15-sekündige Clips, die nach 24 Stunden automatisch gelöscht werden. Es sei denn man speichert sie in den Highlights. Bilder und Videos haben eher Schnappschuss-Charakter und wirken dadurch umso authentischer.

Takeover: Studierende, Mitarbeitende oder Forschende posten in einem begrenzten Zeitraum selbstständig auf dem Kanal der Hochschule aus ihrem Alltag im Feed und in den Stories. Nach Beendigung des Takeovers sollte das Passwort erneuert werden.

Challenges: Von einer Person initiierte Aktion, für die weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer nominiert werden. Oft steht Spaß und ein sozialer Nutzen im Vordergrund. Bekannte Beispiele: Ice-Bucket-Challenge, Dolly-Parton-Challenge.

Instawalk: Organisierter Rundgang mit mehreren Personen, auf dem Fotos für Instagram entstehen und gepostet werden. Oft mit eigenem Instawalk-Hashtag, unter dem die Bilder des Instawalks auffindbar sind.

Direct Messages: Möglichkeit, private Nachrichten an einen Account zu verschicken. Wird gerne von Studierenden genutzt, um persönliche Nachfragen zur Bewerbung oder zum Studium zu stellen.

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