Business- und Wissenschaftsnetzwerke: Digital das Hochschulimage pflegen

Studierende und Forschende verbinden sich weltweit über akademische Netzwerke. Höchste Zeit für Hochschulen, ihre Zielgruppe dort aktiv anzusprechen.

Kontaktaustausch ueber Wissenschaftsnetzwerke
© akindo/iStockphoto

LinkedIn, XING, ResearchGate, Academia.edu und Mendeley heißen die bekanntesten Business- und Wissenschaftsnetzwerke, über die Studierende, Promovierende und Forschende online auffindbar sind. Nicht alle eignen sich für das E-Recruiting und Employer Branding von Hochschulen. Um als Hochschule auf die richtige Plattform zu setzen und dort für internationale Studierende und Promovierende sichtbar zu sein, müssen Funktionsweise, Charakter und Reichweite des jeweiligen Netzwerks zur eigenen Rekrutierungsstrategie passen und innovative Konzepte zur Zielgruppenansprache ausprobiert werden.

Allen Netzwerken gemeinsam ist die Möglichkeit, ein Personenprofil mit Informationen zu Berufserfahrungen, Forschungsschwerpunkten, Publikationen und Ausbildungsstationen zu erstellen. Geben Studierende oder Forschende ihre Alma Mater als Ausbildungsstätte an, werden sie automatisch als aktuelles oder ehemaliges Mitglied der Hochschule recherchierbar. Hochschulen können diese Angaben als erste Anhaltspunkte verwenden, um herauszufinden, in welchen Netzwerken der Großteil ihrer bevorzugten Zielgruppe angemeldet ist.

Unterschiede zwischen Business- und Wissenschaftsnetzwerken

Businessnetzwerke wie LinkedIn und XING stellen wissenschaftlichen Institutionen eine Reihe von Funktionen zur Verfügung, mit denen sie sich beispielsweise auf einer eigenen Hochschulseite als Arbeitgeber präsentieren, News im Feed veröffentlichen oder sich in Beitragskommentaren und Hochschulgruppen direkt mit Alumni und Wissenschaftlern austauschen können. Wissenschaftsnetzwerke wie ResearchGate funktionieren jedoch anders. Publikationen und Profile von Wissenschaftlern werden hier automatisch auf der Hochschulseite angezeigt. Eine direkte Interaktion zwischen Personen und Hochschule findet nicht statt.

LinkedIn ermöglicht internationales E-Recruiting

LinkedIn ist in mehr als 200 Ländern das wichtigste Netzwerk für beruflichen Austausch, dagegen stammen 90 Prozent der XING-Mitglieder aus der D-A-CH-Region. „Für die Rekrutierung von internationalen Studierenden und Wissenschaftlern empfehle ich Hochschulen daher LinkedIn“, fasst Dr. Katja Lasch, Leiterin des Referats Internationales Forschungsmarketing im DAAD, den wichtigen Vorteil der 2003 gegründeten Businessplattform zusammen.

Hochschulen können bei LinkedIn eine Hauptseite und je nach Bedarf verschiedene Fokusseiten anlegen. Für diese Variante hat sich auch der DAAD bei der Kampagne Research in Germany entschieden. Die Hauptseite Research in Germany wendet sich an Postdocs und Wissenschaftsmanager an ausländischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen und informiert sie über Karriere- und Forschungsmöglichkeiten in Deutschland. „Wir posten zwei bis drei Mal pro Woche und veröffentlichen auch Stellenanzeigen und Veranstaltungsmeldungen für internationale Wissenschaftler, die uns Hochschulen gerne zuschicken können“, sagt Lasch über das Unterstützungsangebot des DAAD. Die Fokusseite Internationales Forschungsmarketing richtet sich an Wissenschaftsmanager, Wissenschaftler und Forscher-Alumni-Beauftragte in Deutschland, die selbst im internationalen Forschungsmarketing tätig sind.

Business- und Wissenschaftsnetzwerke im Überblick

LinkedIn: Internationales Businessnetzwerk zur Pflege und zum Knüpfen beruflicher Kontakte. Weltweit hat LinkedIn über 610 Millionen Mitglieder, im deutschsprachigen Raum ca. 13 Millionen. Hochschulprofile werden durch die Angaben im Lebenslauf der Mitglieder automatisch erzeugt – auch wenn die Hochschule selbst das Profil nicht nutzt. Sehr aktive Community und dynamischer News-Feed.

XING: Deutschsprachiges Businessnetzwerk mit Sitz in Hamburg. XING hat ca. 10 Millionen Nutzer, 91 Prozent stammen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Wie bei LinkedIn existieren Hochschulseiten und Hochschulgruppen.

ResearchGate: Soziales Netzwerk, das als „Facebook für Wissenschaftler“ gilt. Forscher benötigen die E-Mail-Adresse einer Forschungseinrichtung, um sich registrieren zu können. Sie laden Forschungsdaten, Fachartikel und Buchkapitel hoch, auf die andere Nutzer zugreifen können, und tauschen sich über Forschungsvorhaben, Methoden und Experimente aus. ResearchGate hat weltweit 15 Millionen Mitglieder.

Academia.edu: Das Netzwerk versteht sich als Verteilstation für Open-Access-Paper, die von den Autorinnen und Autoren selbst hochgeladen und verwaltet werden. Über einen Follow-Button können Forschende den Aktivitäten von Kollegen folgen. 2018 gab es etwa 70 Millionen User weltweit. Während ResearchGate eine etwas stärkere Verbreitung in den Naturwissenschaften hat, wird Academia.edu ein Schwerpunkt bei den Geisteswissenschaften nachgesagt.

Mendeley: Mendeley ist ein Literaturverwaltungsprogramm, das durch ein Web-Interface ergänzt wird. Wissenschaftler können mittels Browser die eigene Bibliothek verwalten, sich ein persönliches Profil anlegen und sich mit anderen Forschern austauschen. Basierend auf ihrer Bibliothek und ihren Forschungsschwerpunkten erhalten sie Empfehlungen für weitere interessante und relevante Artikel.

Seriöser Content mit Authentizität

Wie in jedem sozialen Netzwerk schätzen Follower relevante Inhalte. Um sich bei der Contentplanung nicht zu überfordern, sollten sich Hochschulen daher zunächst für einen Kanal entscheiden und diesen richtig aufbauen, bevor über weitere Aktivitäten nachgedacht wird. „Dazu gehören Redaktionspläne und seriöse Posts, die nicht die gleichen sein sollten wie auf Facebook oder Instagram. Studentenpartys haben auf LinkedIn nichts verloren. Die Inhalte und die Tonalität der Beiträge müssen immer an der Zielgruppe ausgerichtet sein“, rät Katja Lasch.

Eine Herausforderung, die mit anfänglichen Unsicherheiten und schwierigen Ressourcenfragen verbunden sein kann. Wer darf posten und welche Abteilung ist für was zuständig? Career Service, Alumni Management, Forschungsmarketing, International Affairs, Presse oder Hochschulmarketing? Hier müssen sich Hochschulen vorab Zeit nehmen und eine durchdachte Strategie erarbeiten.

„Das Allerwichtigste ist, authentisch zu wirken“, sagt Karolina Iwanczuk, zuständig für Business Development im Bereich Higher Education bei LinkedIn. „Man darf als Hochschule online den eigenen Charakter zeigen – eine große Hochschule kommuniziert möglicherweise anonymer als eine kleine private Hochschule, die alle Alumni kennt und vielleicht sogar duzt“, berichtet Iwanczuk über ihre Erfahrungen mit Hochschulen, die bei LinkedIn aktiv sind.

Businessnetzwerke für Employer Branding nutzen

Hochschulprofile bei LinkedIn und XING eignen sich, um das eigene Image bei Studierenden und Wissenschaftlern positiv zu beeinflussen. „Hochschulen können neue Forschungsergebnisse publizieren, über die Nominierung eines Professors für den Nobelpreis oder ein erfolgreiches Studierendenprojekt berichten, aber auch mal ein spontanes Foto posten, wenn Hochschulmitarbeiter auf einer Messe sind und live ihre Eindrücke weitergeben“, rät Karolina Iwanczuk von LinkedIn. Postings sehen Follower dann im Newsfeed von LinkedIn. Hier können sie wie bei anderen sozialen Netzwerken Beiträge liken und kommentieren. Jede dieser Interaktionen bringt der Hochschule größere Reichweite, da von Followern geteilte Inhalte ebenfalls in der Timeline von deren Geschäftskontakten erscheinen.

„Für den Bereich Forschungskommunikation nutzen wir vor allem das Business-Netzwerk LinkedIn“, berichtet Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi, Referentin Forschungskommunikation an der privaten FOM Hochschule. „Xing bespielen wir gelegentlich auch mit Forschungsinhalten, teilweise auch parallel. Bei LinkedIn erhalten wir aber die deutlich größere Resonanz, weshalb es für uns erheblich größere Bedeutung hat.“

Für die FOM Hochschule zählt auch noch ein anderer Faktor. „Unsere Studierenden sind – anders als Studierende klassischer Hochschulen – in der Regel bereits berufstätig, wenn sie ein Bachelor- oder Masterstudium aufnehmen. Das heißt, sie sind häufig auch schon in beruflichen Online-Netzwerken unterwegs. Gleiches gilt für unsere Lehrenden. Viele unserer Lehrbeauftragten sind neben ihrer akademischen Tätigkeit an der FOM Hochschule als Führungskräfte international agierender Unternehmen, als Unternehmensberater und Managerinnen tätig – und bewegen sich als solche selbstverständlich auch auf LinkedIn. Das ist die Zielgruppe, die wir für mögliche Professuren ansprechen möchten“, erklärt Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi.

Den Austausch von internationalen Alumni untereinander fördern

Viele Hochschulen verfügen über eine eigene Alumni-Datenbank. Jede Alumna und jeder Alumnus kann sich mit persönlichen Zugangsdaten einloggen und das eigene Profil aktuell halten. In der Realität passiert das selten. Log-In-Daten gehen verloren oder das eigene Profil gerät in Vergessenheit. Im Gegensatz dazu werden Online-Profile bei LinkedIn und XING meist regelmäßig gepflegt. Ein Umstand, den sich UZH Alumni, die Alumni-Organisation der Universität Zürich, zunutze gemacht hat.

„Wir wollen in Kontakt bleiben, bei LinkedIn und XING sind unsere internationalen Alumni sowieso unterwegs. Wir laden sie daher regelmäßig über beide Plattformen zu unseren Veranstaltungen ein“, erzählt Anna-Julia Lingg, zuständig für Kommunikation & Kooperationen bei UZH Alumni. Im Sommer 2018 hat die Universität Zürich darüber hinaus das LinkedIn-Tool „Karrieretipps und Mentoring“ für alle Hochschulmitglieder freigeschaltet. Wer auf seinem Profil eine Vorauswahl für Berufsfeld, Erfahrung und Region angibt, bekommt Vorschläge für in Frage kommende Mentoren. „Studierende können Alumni so unkompliziert online um Rat fragen: Lohnt sich ein Auslandssemester? Wie bekomme ich den Job in meiner Traumbranche?“, zählt Lingg die Vorteile der Funktion auf.

Internationale Vernetzung zwischen KIT und Silicon Valley über LinkedIn

Auf den Alumni-Faktor setzt auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). 2017 initiierte Esther Legant, zuständig für Internationales Partnermanagement und Kommunikation am KIT, den dreitägigen Alumni-Workshop Connecting with success im Silicon Valley. Ziel war es, internationale Top-Leute aus Wissenschaft und Wirtschaft miteinander zu vernetzen. Dazu recherchierte sie über die Suchfunktion von LinkedIn 300 Alumni des KIT, die heute in der San Francisco Bay Area (SFBA) arbeiten, einem der weltweit bedeutendsten Standorte für IT-Industrie. Alle 300 angeschriebenen Alumni antworteten. „Drei Tage später hatte ich einen Anruf vom Director Business Development, Head of Europe, Middle-East & Africa (EMEA) LinkedIn, der uns persönlich zu dieser Leistung als Universität gratulierte“, erzählt Esther Legant. Der Workshop wurde ein voller Erfolg und zieht weitere Erfolgsgeschichten nach sich.

Ab Juni 2019 ermöglicht die virtuelle Plattform KIT LINK den internationalen Austausch über aktuelle Arbeitsfelder wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Entrepreneurship, Digital Health, Robotik, Cloud Services und Open Knowledge zwischen Baden-Württemberg und dem Silicon Valley. Ziel ist die Entwicklung eines Forums auf höchstem internationalen Niveau, um Baden-Württemberg und damit Deutschland global sichtbarer zu machen und den Dialog mit Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern.

Susanne Geu (8. April 2019)

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