Erfolgsmessung im internationalen Hochschulmarketing
Autorin: Gunda Achterhold (Oktober 2025)
Mitarbeitende im Hochschulmarketing müssen zunehmend Rechenschaft ablegen: Funktioniert meine Zielgruppenansprache? Kommen die richtigen Bewerber und Bewerberinnen? Wie begründe ich den Einsatz von Mitteln?
Konkrete Kennzahlen und digitale Tools unterstützen Hochschulen darin, ihre Maßnahmen im internationalen Hochschulmarketing zu evaluieren, zu optimieren und so ihre internationale Sichtbarkeit zu erhöhen. Voraussetzung ist ein strategisch aufgesetzter Planungsprozess, der systematisch aufeinander aufbaut, von der Zieldefinition über die Marktanalyse bis hin zum abschließenden Controlling.
Messbare Ziele und Erfolgsindikatoren festlegen
Eine datengestützte Marketingplanung ist dabei immer auch eine Frage der Ressourcen, personell ebenso wie finanziell. Der Einsatz von Analyse-Tools kommerzieller Anbieter ist häufig mit teuren Lizenzen verbunden und für Hochschulen auch aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht unkompliziert. Die gute Nachricht lautet: Auch mit geringen Bordmitteln lässt sich ein gewisses Level an Monitoring erreichen.
“Um Maßnahmen ableiten zu können, braucht man klar definierte, messbare Ziele”, sagt Philip Dunkhase, Referent im Universitätsmarketing der Leuphana Universität Lüneburg. Das könnten beispielsweise zehn Prozent mehr internationale Studierende in den MINT-Fächern sein oder, noch differenzierter, eine Steigerung von fünf Prozent mehr Bewerbungen aus Vietnam für das nächste Jahr. Auch bei komplexeren Zielen wie der Erhöhung der Bewerbungsqualität sollte geprüft werden, welche Indikatoren messbar sind und wie Marketingmaßnahmen diese beeinflussen können.
Monitoring mit Key-Performance-Indikatoren
Ein gängiges Konzept zur Erfolgsmessung im Marketing sind Key-Performance-Indikatoren (KPI). Die Initiative “Research in Germany” hat Informationen zur Anwendung von KPI im internationalen Forschungsmarketing zusammengestellt, die sich vielfach auch auf das internationale Hochschulmarketing übertragen lassen.
Marketing-Funnel und Kontaktpunkte analysieren
“Für uns ist es wichtig zu lernen, was Studienanfängern und -anfängerinnen überhaupt sympathisch an einer Uni ist, wie sie in Kontakt kommen und welcher Touchpoint für sie besonders wichtig ist, bevor sie sich für eine Hochschule entscheiden”, sagt Stefanie Weyres-von Levetzow, Performance Marketing Managerin an der Universität Mannheim. “Studieninteressierte aus Südamerika können nicht einfach so zum Infotag kommen, da müssen wir andere Möglichkeiten finden, um persönliche Berührungspunkte zu schaffen.”
Die große Herausforderung besteht darin, aus der Vielzahl an Touchpoints entlang des Marketing-Funnels – also von der ersten Internetrecherche der Studieninteressierten bis zu ihrer Einschreibung – valide Kennzahlen zu gewinnen. “An der Leuphana analysieren wir seit 2009 das Mediennutzungsverhalten unserer internationalen Bewerber und Bewerberinnen. Welche Informationsquellen nutzen sie und an welchem Zeitpunkt beginnt ihre Entscheidungsphase”, erklärt Philip Dunkhase. Der Einstiegspunkt könne unterschiedlich sein. Wie im öffentlichen Nahverkehr, wo unterschiedliche Verkehrsmittel, Linien und Stationen zu ein und demselben Ziel führen können. Über Nutzerbefragungen, etwa im Nachgang zu Messen oder digitalen Infoformaten, lässt sich herausfinden, an welchen Punkten und über welche Kanäle erste Kontakte zu denjenigen Studieninteressierten stattfanden, die sich später tatsächlich eingeschrieben haben.

Auf dem Entscheidungsweg für eine Hochschule sind zahlreiche Einstiegspunkte und Umstiege möglich: Für die Universität Lüneburg hat Philip Dunkhase die Informationsquellen von Studieninteressierten als Haltestellen im ÖPNV visualisiert.© Leuphana Universität Lüneburg
Informations- und Nachfrageverhalten der Zielgruppe beobachten
Im Durchschnitt nutzen Studieninteressierte mehr als 20 Touchpoints mit Hochschulen, bis sie sich an einer bewerben, schätzt Dunkhase. Messen und Informationsveranstaltungen zählen ebenso dazu wie Rankings, Studienwahltests, Portale, Podcasts oder Social Media. “In dieser Phase sichten Studieninteressierte unheimlich viele Informationen.” Allein mehr als 1.100 Portale würden über Studienmöglichkeiten in Deutschland informieren. “Das ist mittlerweile ein fragmentierter, stark umkämpfter Markt.” Entsprechend komplex gestaltet sich für Hochschulen die Entscheidung, welche Werbeportale sich für welche internationalen Zielgruppen lohnen.
Keyword-Recherchen, Auswertungen von Rezensionen bei Google Maps, Podcasts, YouTube oder Google Trends können Aufschluss über das Suchverhalten und die Interessen international mobiler Studierender geben. Zudem bieten sie Erkenntnisse zu Mitbewerbern: Welche Portale und Kanäle nutzen andere Hochschulen zur Ansprache internationaler Studierender, in welchen Rankings werden sie gelistet?
“Zahlen zeigen immer auch Markttendenzen”, sagt Stefanie Weyres-von Levetzow. Ihre Stelle als Performance Marketing Managerin wurde an der Uni Mannheim erst vor zwei Jahren geschaffen. Die Expertin brachte Marketingerfahrung von einer privaten Hochschule mit, im Bundesverband Hochschulkommunikation vertritt sie die Themen Marketing Controlling und Data-Driven-Marketing. Welcher Studiengang ist besonders beliebt, in welche Richtung tendieren Studienanfängerinnen und Studienanfänger, welche Angebote könnte man weiterentwickeln, welche eher nicht? Zu all diesen Fragen ermöglichen Daten wichtige Rückschlüsse, betont Weyres-von Levetzow. “Erfolgsmessung hat auch an Hochschulen durchaus etwas mit Produktentwicklung zu tun.”
Das sieht Olga Gassan ganz genauso: “Man muss die Märkte und Zielgruppen kennen.” Die Marketingexpertin ist an der Universität Bayreuth für das Universitätsmarketing verantwortlich, auch sie kommt aus der freien Wirtschaft. Es gehe nicht nur darum, Wunschländer zu identifizieren, betont sie. Sondern auch darum, Werbung in anderen Märkten gezielt auszuschließen. “Wir gehen nur noch in Regionen, in denen die Bewerbungsqualität so gut ist, dass ein Großteil zugelassen werden kann.” Olga Gassan arbeitet dabei eng mit dem International Office zusammen. Sie lässt sich Daten zu Bewerbungen aus den Ländern geben, in denen schwerpunktmäßig Marketingmaßnahmen durchgeführt wurden, und wertet sie aus. “So sehen wir, wo unsere Werbung tatsächlich zu mehr Bewerbungen führt.”
Daten kontinuierlich erheben und auswerten
Durch den Einsatz von Web-Analytics lassen sich Stärken, Schwächen und Benchmarks für das Online-Marketing ermitteln. “Für die eigene Hochschulwebseite kommen diese Daten für gewöhnlich aus der Integration von Webanalyse-Tools wie Google Analytics, Adobe Analytics, Matomo oder Webtrekk”, sagt Philip Dunkhase. Auch externe Datenquellen sind aus seiner Sicht interessant. “Insbesondere die großen Werbeanbieter wie Google Ads, Meta und LinkedIn stellen detaillierte Statistiken rund um die ausgespielten Inhalte bereit und geben wichtige Hinweise für die eigene Mediaplanung.”
Für Unsicherheit beim Thema Erfolgsmessung sorgt die Datenschutz-Grundverordnung, kurz DSGVO. Google Analytics, ein Standard-Tool in der freien Wirtschaft, wird von vielen deutschen Hochschulen nicht verwendet. “Wir haben uns für Matomo entschieden”, sagt Stefanie Weyres- von Levetzow. “Es bietet Möglichkeiten eines Trackings ohne Cookies, auf diese Art und Weise sind wir komplett DSGVO-konform unterwegs.” Matomo ist ein Open-Source-Tool zur Analyse von Websites, es wird von vielen Bundesbehörden eingesetzt. Die Universität Mannheim nutzt es zur Datenauswertung ihrer Website und zum Monitoring von Social-Media-Kampagnen. Im E-Mail-Marketing setzt das Team Rapid-Mail ein, eine DGSVO-konforme Newsletter-Software mit Auswertungsfunktionen. Die Daten der immatrikulierten internationalen Studierenden wiederum werden über das hochschulinterne Bewerbungssystem erfasst. “Da sind viele Tools im Einsatz, die man alle auswerten muss”, so Weyres-von Levetzow. “Unser Ziel derzeit ist es, alle in einem Customer-Relationship-Management (CRM) zu bündeln, das uns einen Überblick über all diese Zahlen verschafft.”
Im Marketing der Universität Bayreuth arbeitet Olga Gassan mit Google Analytics, für die Keyword-Recherche zur Kampagnengestaltung über Google Ads nutzt ihr Team die Website Keywordtool.io. “Damit monitoren wir Keyword-Beliebtheit, Keyword-Konkurrenz und Keyword-Kosten.” Mithilfe der Software seobility optimiert sie Inhalte der Uni-Website suchmaschinenfreundlich und analysiert über die Tracking-Funktion Keyword-Rankings von Mitbewerbern. “Mit den Werbebudgets privater Hochschulen können staatliche Hochschulen nicht mithalten”, sagt Olga Gassan. Umso wichtiger seien daher kluge Keyword-Kombinationen. “Man muss die Such-Trends kennen und in die Kampagnen mit einfließen lassen”, betont sie.
“Wenn ich Google- oder Meta-Kampagnen in den Vereinigten Staaten schalte oder über mehrere südamerikanische Länder hinweg, ist das finanziell sehr aufwendig”, sagt Stefanie Weyres- von Levetzow. “Das können wir uns nicht leisten.” Über eine genaue Analyse fand ihr Team heraus, wo sich ein solcher Einsatz lohnen könnte und wo möglicherweise nicht. “Wir haben zunächst Kampagnen in ausgewählten Ländern geschaltet und diese eng getrackt: Wo klicken die meisten Nutzenden auf unsere Anzeigen, besuchen unsere Website und führen dort die gewünschte Aktion aus, indem sie zum Beispiel ein Bewerbungsformular ausfüllen. So wissen wir heute viel genauer, aus welchen Regionen der Traffic besonders wertvoll ist und wo unsere Online-Maßnahmen weniger greifen.” Anhand dieser Daten entwickelte ihr Team eine internationale Kampagne. “Das sind Filme und kleine Videoschnipsel, die wir über Meta oder YouTube in den entsprechenden Ländern ausspielen.”
Gemeinsam evaluieren und optimieren
Im Idealfall wird die Umsetzung internationaler Marketingmaßnahmen also von einem kontinuierlichen Monitoring begleitet. Wie performt eine Kampagne, wo haben welche Angebote gut funktioniert und welche Studiengänge fanden besonders viel Aufmerksamkeit? Alle Schritte, von der Planung bis hin zur Durchführung und Auswertung, bedeuten immer auch Teamarbeit. Das International Office und die Hochschulleitung fungieren in allen Phasen der Erfolgsmessung als wichtige Schnittstellen, ebenso wie die Koordinatoren und Koordinatorinnen der Studiengänge. “Gemeinsam werten wir die Ergebnisse aus und optimieren den Inhalt daraufhin in Text, Bild und Keywords für einen Relaunch im Folgejahr”, beschreibt Olga Gassan das Monitoring von Performances an der Universität Bayreuth.
Mit der UBTagentur hat sie eine uniinterne Agentur mit kostenlosem Beratungsangebot für das Marketing der Studiengänge aufgebaut. “Wir setzen uns jährlich neue Schwerpunktthemen, die wir mit unserem limitierten Budget gezielt bewerben”, so Gassan. Neu eingeführte Studiengänge, ein Trendthema oder schwächelnde Studiengänge werden im engen Austausch mit den Studiengangsleitungen gepusht. In Einzelcoachings zu Zielgruppeninhalten und Kampagnen werden die Lehrenden von der erfahrenen Marketingexpertin aktiv betreut. “Studiengangsverantwortliche liefern mir wichtige Zahlen: Sie wissen, woher ihre Studierenden kommen, was ihnen wichtig ist und welche in der Regelstudienzeit abschließen”, so Gassan. “Diese strategischen Briefings haben am Monitoring und Erfolg unserer Arbeit einen wesentlichen Anteil.”
Podcast-Folge zum Thema
Sie würden gern weitere Praxiseinblicke hören? Der neue Podcast “Inside Hochschulkommunikation” (Inside HKomm) widmet sich in Episode 3 dem Thema “Datengetriebenes Hochschulmarketing – zwischen Anspruch und Wirklichkeit”.