Internationales Hochschulmarketing in Zeiten der Pandemie

Drei Semester unter Corona-Bedingungen haben die International Offices vor zahlreiche Herausforderungen gestellt und die Ansprache internationaler Studieninteressierter stark beeinflusst. Digitale Angebote wurden ausgebaut, um eine umfassende und zugleich persönliche Kommunikation zu ermöglichen.

Autorin: Barbara Ward (Juli 2021)

Studentin mit Maske sitzt draußen auf einer Bank und lernt
© Eloisa Ramos/Westend61/AdobeStock

Die erste Corona-Welle fiel in Deutschland mitten in die heiße Bewerbungsphase für das Wintersemester 2020/21: "Anfangs hatten wir wirklich Sorgen, ob überhaupt noch jemand zum Studium zu uns kommt", so blickt Julia Paternoster, Koordinatorin für Internationales Studierendenmarketing an der Technischen Universität Dresden, auf März und April 2020 zurück.

Im Sommer 2020, als in vielen Ländern die Infektionszahlen rückläufig waren, gab es jedoch auch erste beruhigende Meldungen: Etliche Studien kamen zu dem Ergebnis, dass weniger internationale Studierende als erwartet planten, ihre Vorhaben wegen der Pandemie gänzlich aufzugeben. Viel eher verschoben sie den Beginn des Auslandsaufenthaltes nach hinten.

Dies gab Grund zur Hoffnung. Doch war schon damals nicht klar, wie lange die Pandemie noch dauern und welche Konsequenzen sie für den Hochschulalltag mit sich bringen würde. Tatsächlich schrumpfte die Zahl internationaler Studierender im ersten Semester an deutschen Hochschulen im Jahr 2020 laut Statistischem Bundesamt um 21 Prozent. Zudem fielen die Zahlen je nach Hochschule und Art des Studiums sehr unterschiedlich aus. So sank beispielsweise die Zahl der Austauschstudierenden ohne Abschlussabsicht an deutschen Hochschulen durchschnittlich sogar um 53 Prozent. "Bei kurzen Studienaufenthalten steht die interkulturelle Erfahrung viel stärker im Vordergrund. Und da ist unter Beachtung der Hygieneregeln gerade leider vieles nicht möglich", so die Einschätzung von Julia Paternoster.

Für Studierende, die einen Abschluss anstreben, sehen die Zahlen deutlich besser aus. Das ergab schon eine Schnellumfrage des DAAD im Dezember 2020: Die Zahl der internationalen Studienanfängerinnen und Studienanfänger war im Vergleich zum Wintersemester 2019/2020 nur um rund ein Prozent gesunken. "Unsere Bewerberzahlen fielen zwar um 20 Prozent geringer aus. Aber letztlich konnten wir fast genauso viele internationale Studierende begrüßen wie in den Wintersemestern vor der Pandemie", schildert Julia Paternoster die Situation an der TU Dresden.

Während laut einer neuen Studie von IDP Connect ein Großteil der internationalen Studierenden Präsenzunterricht grundsätzlich bevorzugt, liegt die Priorität mittlerweile darauf, das Studium nicht weiter zu verzögern. Dafür nehmen viele – zumindest vorübergehend – Online-Kurse in Kauf.

Hochschulmarketing braucht eine gute Informationspolitik

Destinationen, die nicht mit starken Einreisebeschränkungen auf die Pandemie reagiert haben, profitieren aktuell. Hochschulen, die internationale Studierende gewinnen möchten, ist zu empfehlen, über die aktuellen Corona-Regeln und Visa-Bedingungen proaktiv zu informieren. Das International Office der Universität zu Köln hat dafür eine Webseite mit zweisprachigen Informationen inklusive einer Broschüre zum Download zur Verfügung gestellt. Internationale Studierende erfahren so, ob für sie beispielsweise eine digitale Einreiseanmeldung und Quarantänepflicht gilt. Die Broschüre liefert zudem hilfreiche Erklärungen zu Hygieneregeln Test- und Impfmöglichkeiten und enthält weiterführende Kontaktdaten von Informationsstellen.

"Kümmern" gewinnt weiter an Bedeutung

Mehr denn je können auf dem internationalen Markt jene Hochschulen punkten, die eine offene Krisenkommunikation und eine zuverlässige Betreuung in Notsituationen anbieten. Viele Hochschulen sind in diesem Bereich aktiver geworden. So berichteten 62 Prozent der deutschen Hochschulen, dass sie zum Wintersemester 2020/21 stärker zu Gesundheit, Sicherheit und Wohlbefinden informieren. 53 Prozent der Hochschulen beraten auch zum Studierendenstatus und Visum. Das ergaben die Umfragen des DAAD zu Beginn des Sommersemester 2020 und zum Ende des Wintersemesters 2020/21 unter den International Offices.

Screenshot Corona-Update auf dem Instagram-Kanal der TU Dresden
© Technische Universität Dresden

Auf ihrem Instagram-Kanal postet die TU Dresden regelmäßige Corona-Updates.

Ein gutes Beispiel ist die Corona-Webseite der Universität Stuttgart. Hier finden internationale Studierende zu jedem Zeitpunkt des "Student Life Cycle" aktuelle Informationen auf Englisch – vom digitalen Einschreibeverfahren über Visa-Fragen bis hin zu finanziellen und psychologischen COVID-19-Support-Programmen.

Julia Paternoster aus Dresden hat festgestellt, dass ihre internationalen Studierenden direkte Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner brauchen, um die vielen Unsicherheiten ihrer Studien- und Lebenssituation zu klären: "Wir haben mit Live-Chat-Angeboten gute Erfahrungen gemacht. Ein Besuch im Büro war ja nicht mehr möglich. Es ging uns darum, Erreichbarkeit zu demonstrieren, damit sich die Studierenden nicht allein gelassen fühlen. Das war für uns ein wichtiges Learning: Wir müssen über eine transparente Kommunikation wenigstens ein wenig Sicherheit bieten."

Screenshot Instagram-Post der WWU Münster zu finanziellen Corona-Hilfen
© Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Auch die Beratung zu finanziellen Themen gewann durch die Corona-Einschränkungen an Bedeutung.

Berufliche Perspektiven rücken in den Vordergrund

Die Ausweitung von Stipendien und konkrete Unterstützung bei der Suche nach Praktikumsplätzen sind in Zeiten der Krise ebenfalls ein wichtiges Instrument für das Hochschulmarketing. Laut Umfrage des DAAD bei International Offices stellen 40 Prozent der deutschen Hochschulen seit dem Wintersemester 2020/21 eine Notfallfinanzierung speziell für internationale Studierende bereit.

Weiterhin interessieren sich internationale Studierende verstärkt dafür, wie die aktuellen Jobmöglichkeiten im Gastland aussehen und welche beruflichen Perspektiven nach Beendigung des Studiums bestehen. Guido Schnieders, Leiter des Referats Internationales Hochschulmarketing im DAAD, ist davon überzeugt, dass Deutschland damit verstärkt punkten kann: "Die deutschen Hochschulen sind durch Praktika, gute Kooperation mit der Wirtschaft und duale Studiengänge anderen Ländern einen Schritt voraus. Darüber hinaus werden in Deutschland Fachkräfte gesucht. Qualifizierte internationale Absolventinnen und Absolventen nachgefragter Fächer haben auf dem deutschen Arbeitsmarkt gute Möglichkeiten und auch arbeitsrechtlich die Option, zu bleiben. Das macht, neben der Qualität von Lehre und Forschung, ein Studium in Deutschland besonders attraktiv."

Das digitale internationale Hochschulmarketing wird intensiviert und ausgebaut

Während die Mitarbeitenden in der Lehre an guten Konzepten für ein virtuelles Studium feilen, testen die International Offices neue digitale Marketinginstrumente aus. An vielen Hochschulen wurden die Social-Media-Kanäle intensiver und vielfältiger genutzt. Besonders Instagram rückt verstärkt in den Fokus.

Martina Hofer aus dem International Office der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster bestätigt die Tendenz, sieht aber auch die Grenzen von digitalen Instrumenten: "Zwar kann ein Hochschulbesuch vor Ort zur Anbahnung oder Partnerschaftspflege nicht einfach durch ein digitales Format ersetzt werden, in der Kommunikation mit internationalen Studierenden jedoch zeigen sich auch Vorteile. So können wir mit Web-Seminaren und virtuellen Messen nun ein noch größeres Publikum erreichen. Wir haben natürlich schon früher Online-Angebote von GATE-Germany wahrgenommen. Aber durch die Pandemie sind alle Beteiligten dafür noch offener geworden."

Angebote von GATE-Germany

Die Marketingaktivitäten der deutschen Hochschulen sind von den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie nach wie vor betroffen. GATE-Germany unterstützt Sie in dieser Zeit mit spezifischen Angeboten.

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Insgesamt schauen die International Offices in den deutschen Hochschulen positiv in die Zukunft: 43 Prozent sehen für die Zukunft ein steigendes bis stark steigendes Interesse von Studierenden an einem studienbezogenen Auslandsaufenthalt in Deutschland. Nur 15 Prozent gehen von einem sinkenden bis stark sinkenden Interesse aus, so das Stimmungsbild aus der Umfrage des DAAD zum Ende des Wintersemesters 2020/21. Rund 70 Prozent der befragten Hochschulen sind optimistisch, dass sich die internationale Studierendenmobilität schnell wieder erholen wird, sobald die Reisebeschränkungen fallen.

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