Soziale Medien im Hochschulmarketing: unterhaltsam sein und Nutzwert bieten

Über Social-Media-Kanäle knüpfen Hochschulen an die Lebenswelt Studierender an. Internationale Zielgruppen erreichen sie schnell und direkt.

Internationale Studierende mit Smartphones
© oneinchpunch/Adobe

Wer junge Zielgruppen erreichen will, findet sie in den sozialen Netzwerken. Hier wird schnell ein Bild gemacht, dort ein Video hochgeladen: Wo das Smartphone ständiger Begleiter ist, läuft die Kommunikation über das Social Web im Alltag ununterbrochen nebenher. Viele Hochschulen haben das Potenzial längst erkannt und nutzen Social-Media-Kanäle, um Studierende und potenzielle Bewerber zu erreichen. Auch für das internationale Hochschulmarketing ist dieser Trend von besonderer Bedeutung: Soziale Netzwerke bieten eine hohe Reichweite und damit beste Voraussetzungen, den internationalen Bekanntheitsgrad zu steigern.

Den Dialog via Social Media fördern

Weltweit 3,2 Milliarden Menschen sind nach dem Global Digital Report 2018 von We are Social und Hootsuite monatlich regelmäßig in sozialen Netzwerken unterwegs. Besonders beliebt sind Facebook und das Videoportal YouTube. Nicht nur die Zahl der Views, Likes und Follower ist ein Indiz für den guten Auftritt, entscheidend ist die Interaktion mit den Nutzern. „Bei Social Media geht es darum, mit den Usern in Dialog zu treten“, betont Constance Richter, Professorin am Lehrstuhl für Technische Redaktion und Usability an der Hochschule Aalen. Das Ziel sei es, Multiplikatoren zu gewinnen, Botschaften weiterzutragen und „User-Generated-Content“ zu fördern, also Beiträge, die von den Nutzern stammen. „Wichtig ist es, Studierende mit ins Boot zu holen“, erklärt Richter. „Sie sind nah dran und können einschätzen, was die Community interessiert.“ Als Mitautorin einer Studie zum Social-Media-Marketing an deutschen Hochschulen gewann die Wissenschaftlerin 2013 einen guten Überblick, in Aalen baute sie das Social-Media-Marketing auf. Am Anfang stand eine zentrale Facebook-Seite, die alle Aktivitäten bündelte. „Man muss schreien können, um gehört zu werden“, so beschreibt Constance Richter die Strategie. „Gerade an kleineren Hochschulen braucht man erst einmal eine kritische Masse an Fans, die Beiträge liken, kommentieren oder teilen.“

Inzwischen haben einige Studienangebote an der Hochschule Aalen eigene Accounts, über die sie sich mit studiengangspezifischen Inhalten an Studierende und Interessenten wenden. Die Facebook-Seite Aalen International Student Network richtet sich gezielt an internationale Studierende. Empathie für die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppen und die Fähigkeit, an ihre Lebenswelt anknüpfen zu können, sind Voraussetzung für ein erfolgreiches Social-Media-Marketing. „Je direkter und persönlicher wir unsere Nutzer ansprechen, desto eher kommt etwas zurück“, beobachtet Constance Richter. „Aber es gibt keine Garantie – selbst ein und dasselbe Bild wird in verschiedenen Communities unterschiedlich aufgenommen.“

Die wichtigsten Social-Media-Kanäle – wen sprechen Sie an?

Facebook: Informationen für Schüler und Bewerber, Hilfestellung für Erstsemester, einbinden von Studierenden über Aktuelles vom Campus.

Twitter: Bietet Unternehmen, Studenten, Presse und Partnern Informationen und Neues aus der Hochschule, ermöglicht Echtzeit-Kommunikation.

Xing und LinkedIn: Interessant für Unternehmen, Berufstätige, Führungskräfte und im Hochschulbereich vor allem für Alumni als Tool in der Vernetzung und Rekrutierung.

Instagram: Beliebt als „Emotionskanal“, der Studierende einbindet und ein Wir-Gefühl vermittelt.

Snapchat: Teenager-Medium mit sehr eingeschränkter Reichweite in älteren Zielgruppen. Interessant bei der Ansprache von Schülern und jungen Studierenden.

Facebook als Servicekanal

Drei Zielgruppen sind im Hochschulmarketing besonders relevant: aktuelle Studierende, potenzielle Studierende und die Alumni. Während die Ehemaligen ihrer Alma Mater verbunden bleiben sollen, dient das Social Web den aktuell Studierenden als Plattform für den Austausch, im besten Fall vermittelt es ihnen ein Gemeinschaftsgefühl. Mehr als 50.000 Nutzer folgen dem Facebook-Kanal der Ruhr-Universität Bochum (RUB), die über Social Media mit dem Klischee von der grauen Beton-Uni aufräumt. Kleine Rätsel animieren zum Mitdenken, Fotos oder Videos fangen Alltagsmomente auf dem Campus ein oder zeigen einen Tag an der RUB im Zeitraffer. Internationale Studierende werden direkt angesprochen, Testimonials machen sie mit den Abläufen an der Hochschule vertraut.

Während sich die Hochschulwebsite an eine breitere Öffentlichkeit richtet, fokussieren Social-Media-Kanäle in erster Linie auf die Studierenden, auch im Tonfall. Die Herausforderung liegt darin, auf möglichst lockere und anschauliche Art und Weise einen Mehrwert anzubieten. Jeder Kanal bedient individuelle Nutzerbedürfnisse, Inhalte werden entsprechend angepasst. Social Media Manger gehen dabei strategisch vor und planen sehr genau, welche Informationen sie über welche Kanäle laufen lassen.

Nach einem witzigen Post zum Hochschul-Deutsch für Erstis gingen die Nutzerzahlen an der Fachhochschule (FH) Dortmund durch die Decke. Mehr als 2,5 Millionen Nutzer amüsierten sich zu Beginn des Wintersemesters 2017/18 über den Beitrag, mehr als 9.000 kommentierten ihn. „Das war unser absoluter Spitzenreiter“, betont Social-Media-Manager Axel Kopp. „Die quantitative Reichweite ist schon beachtlich.“ Genau das macht Facebook im Hochschulmarketing so interessant, an der FH Dortmund ist es nach wie vor der wichtigste Kanal. „Facebook nimmt auch eine wichtige Servicefunktion ein“, erklärt Kopp. Interessenten aus dem Ausland schätzen die Möglichkeit, über Facebook Direktnachrichten zu schicken. An der FH Dortmund werden ihre Anfragen zu Studium, Zulassung oder Fristen innerhalb weniger Stunden beantwortet. Axel Kopp nimmt jedoch eine Trendwende wahr: „Die Jüngeren sind jetzt eher auf Instagram oder Snapchat zu finden.“

Wissenschaft visuell vermitteln

Die jährlich durchgeführte Social-Media-Studie WAVE bestätigt diesen Eindruck. Die aktuelle Umfrage in 78 Ländern zeigt, wie sehr sich das Mediennutzungsverhalten speziell der jüngeren Generationen verändert. Danach wird Facebook vor allem als News- und Meinungskanal genutzt, YouTube dient der Unterhaltung und Instagram gelte eher als „Happy Place“, der Nutzern Anerkennung und Inspiration liefere. Mit einem Wachstum von mehr als 200 Prozent von 2014 bis 2017 in der täglichen Nutzung wird Snapchat vor allem bei den Nutzern unter 20 Jahren immer beliebter. Die Besonderheit bei Snapchat ist, dass Inhalte nach dem Ansehen gelöscht werden, statt in einer Timeline nachträglich auffindbar zu bleiben. Während dies den Dienst für Nutzer, die Momente aus ihrem Leben teilen, aber nicht unbedingt archivieren möchten, besonders attraktiv macht, ist es im Marketing eher von Nachteil. Die Möglichkeit für glaubwürdige, nicht kommerzielle Absender wie beispielsweise Hochschulen, in einem weniger durch Werbung und Markenbotschaften geprägten Umfeld mit jungen Zielgruppen in Kontakt zu treten, stellt aber einen echten Mehrwert gegenüber anderen Netzwerken dar. An der Deutschen Sporthochschule Köln wird der Dienst daher in der Ansprache von 15- bis 20-Jährigen eingesetzt. Einmal im Monat übernehmen Studierende – als sogenannte „Takeover“ – den Account und berichten eine Woche lang über ihren Alltag auf dem Campus. Ziel ist es, Schülern eine möglichst authentische Vorstellung vom studentischen Leben an der Hochschule zu vermitteln.

Was ist ein Takeover?

Bei einem Takeover übernimmt eine andere Person, im Hochschulbereich kann das beispielsweise ein Studierender sein, einen Social-Media-Account (meistens auf Instagram). Im Auftrag des Fachbereichs oder der Hochschule interagieren sie mit der Community und posten Beiträge.

Die Nutzer von Instagram gehören überwiegend der Gruppe der 18- bis 34-Jährigen an. Sie posten Fotos und Videos, können diese mit Filtern versehen und mit thematischen Hashtags für andere auffindbar machen. Der Austausch lebt daneben auch von der (Snapchat nachempfundenen) Storyfunktion, über die kleine Filme lediglich 24 Stunden lang verfügbar sind. Als „Emotionskanal“ wird der Online-Dienst inzwischen auch an vielen Hochschulen eingesetzt. „Instagram funktioniert fast ausschließlich visuell“, erklärt Axel Kopp. Schwieriger sei es, darüber Wissenschaftskommunikation zu betreiben und vertiefende Informationen zu vermitteln. „Da muss man sich was einfallen lassen.“ So schlägt die Havard Medical School in einem ihrer Beiträge den Bogen von einem gemächlich kauenden Lama hin zur Erforschung von Antikörpern, MIT Technology Review postet überwiegend Grafiken statt Fotos und die Freie Universität Berlin bindet beim „Instagram Takeover“ Studierende ein, die von ihrem Uni-Alltag oder von einem Auslandssemester berichten. „Hochschulen müssen offen sein für neue Entwicklungen, es ist alles immer in Bewegung“, sagt Social-Media-Manager Kopp. „Zeiten ändern sich, Kanäle ändern sich – die Nutzer geben uns die Richtung vor.“

Gunda Achterhold (11. April 2018)

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