Webcontrolling: Mit Online-Analyse-Tools messen

Hochschulen in Deutschland sind beim Einsatz von Webanalyse-Werkzeugen noch zurückhaltend. Das hat nicht nur datenschutzrechtliche Gründe: Der Aufbau eines strategischen Webcontrolling ist mit einem hohen zeitlichen und personellen Aufwand verbunden. Doch es lohnt sich.

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Hochschulen befinden sich im ständigen Wettbewerb um Drittmittel, Studierende und Wissenschaftler. Ihre Sichtbarkeit online trägt entscheidend dazu bei, wie gut sie im internationalen Vergleich abschneiden. Die Webanalyse ist hier ein effizientes Marketinginstrument: Tracking-Tools ermitteln, woher Besucher kommen, welche Hochschulseiten sie wie oft und wie lange anschauen und welche externen Portale auf die Website verlinken. So lassen sich die Online-Marketing-Maßnahmen der Hochschulen evaluieren und optimieren. Philip Dunkhase, Referent in der Unternehmenskommunikation der Leuphana Universität Lüneburg, beschäftigt sich seit acht Jahren mit dem Thema. Obwohl die Websites deutscher Hochschulen zu den größten Webauftritten im Land zählen, verzichte jede Zweite auf ein Webcontrolling. Dunkhase bezieht sich damit auf das Ergebnis einer Stichprobe von 438 deutschen Hochschulwebsites aus dem Jahr 2014. Die Zahlen dürften sich seitdem aber nicht stark verändert haben. Die datenschutzrechtlichen Hürden seien einfach zu hoch. Datenschützer unterstützen den Einsatz des Webanalysetools Google Analytics auf Hochschulwebsites nicht. Hauptkritikpunkt ist die Übermittlung von IP-Adressen der Websitebesucher, also personenbezogener Daten, an ein US-Unternehmen. Die Leuphana Universität nutzt deshalb das Open-Source-Analysetool Matomo.

Wichtigstes Kriterium: Datenschutz

Matomo wird in Deutschland nach Google Analytics am zweithäufigsten genutzt. Das Tool gilt als eine datenschutzrechtlich sensiblere Alternative und geht mit der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) konform. Allerdings hat es auch weniger Funktionen als sein Google-Pendant. „Für mich endet die Statistik, die uns Google Ads bietet, wenn ein Nutzer unsere Anzeige klickt“, erklärt Dr. Patric Albrecht, Leiter der Stabsstelle Marketing und Veranstaltungsmanagement an der FernUniversität in Hagen. „Ich kann nicht verfolgen, wer über welchen Kanal auf unsere Seite gekommen ist.“

Zu klären wäre für Hochschulen im Einzelfall jedoch, ob sie Google Analytics anonymisiert einbinden können. Denn Google bietet mittlerweile die Möglichkeit an, einen individuellen Vertrag zur personenbezogenen Datenverarbeitung abzuschließen, Daten nur anonymisiert zu erheben und das Tool somit datenschutzkonform zu verwenden.

Diplom-Ökonom Albrecht hat im Herbst 2018 an einer zweitägigen Konferenz mit Kollegen aus dem Hochschulmarketing teilgenommen und gemerkt, wie sehr das Thema Webcontrolling viele von ihnen beschäftigt. Neben den datenschutzrechtlichen Unsicherheiten verzögere aber vor allem mangelnde Zeit den Aufbau einer strategischen Webanalyse. Das fange schon bei der Auswahl eines passenden Tracking-Tools an: „Matomo hat den Vorteil, dass es bereits im Öffentlichen Dienst erprobt ist und auf unseren eigenen Servern betrieben werden kann“, sagt Albrecht.

Daten müssen auch interpretiert werden

Die Hochschule München setzt ebenfalls Matomo ein. „Eine Freigabe für das Open-Source-Tool zu bekommen, war relativ unkompliziert“, berichtet Caroline Bluhm, Projektleiterin Web in der Unternehmenskommunikation. Seit zwei Jahren arbeitet die Hochschule mit der Statistik-Software und baut Schritt für Schritt ein strategisches Webcontrolling auf. „Hochschulseiten unterscheiden sich erheblich vom Webauftritt eines Unternehmens“, sagt Caroline Bluhm. Mehr als 200 Redakteure arbeiten in verschiedenen Fachbereichen an mehr als 5.000 Unterseiten. Kennzahlen für die Hochschule als Ganzes zu erfassen mache aufgrund der unterschiedlichen Zielgruppen keinen Sinn. Rein quantitative Ziele führen aus Bluhms Sicht ohnehin nicht weiter. „Daten müssen entsprechend interpretiert werden. Das können nur die Kolleginnen und Kollegen in den Fachbereichen“, sagt sie. „Wenn ein Thema mit einer sehr kleinen Zielgruppe zehnmal geklickt wird, kann das auch ein Erfolg sein.“

An der FernUniversität in Hagen hat nur ein kleiner Nutzerkreis Zugriff auf das Analysetool. Die Administratoren beschränken die Datenerfassung aus zeitlichen Gründen auf die Dachseiten der Hochschule. „Im Tagesgeschäft erfassen wir häufig nur grobe Kennzahlen und schauen uns beispielsweise die Ländernutzung an“, erklärt Marketingleiter Patric Albrecht. Häufiger sei eine anlassbezogene Auswertung. Beispielsweise wenn der Erfolg einer Newsletter-Aussendung oder die Nutzung von PDFs überprüft werden soll. „Die Daten sind für uns ein guter Indikator. Wir sehen, wie die Besucherzahlen mit bezahlten Anzeigen korrelieren und erfassen die Verweildauer oder Abbruchraten – das ist bereits ein Erfolg“, sagt Albrecht.

Webanalyse: Welche Anbieter gibt es?

Weltweit ist Google Analytics als Webanalyse-Tool führend, in Deutschland gefolgt von der Statistik-Software Matomo (früher Piwik). Systeme wie etracker oder webtrack sind in Deutschland ebenfalls bekannt. Auf Rankings in Suchmaschinen spezialisiert ist Sistrix mit Sitz in Deutschland. Einige Hochschulen in Deutschland nutzen auch GA Audiences oder Hotjar.

„Es lohnt sich, Zeit zu investieren“

Auch an der Hochschule München werden die Funktionen, die die Statistik-Software bietet, nicht voll ausgereizt. Dazu fehlen die personellen Ressourcen, erklärt Caroline Bluhm. Um den rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Redaktionen den Zugang zu erleichtern, bietet die Unternehmenskommunikation Schulungen an und stellt Checklisten zusammen. „Das Interesse ist sehr groß, aber alle Beteiligten haben wenig Zeit“, sagt Bluhm. „Deshalb versuchen wir es ihnen so leicht wie möglich zu machen. Wir setzen Hilfsfunktionen ein und integrieren sie direkt in das Content Management System. So wird beispielsweise künftig direkt eingeblendet, wie oft eine Seite geklickt worden ist, ohne dass die Kollegen aktiv danach suchen müssen.“ Die Angst vieler Hochschulen vor dem Aufwand, den die Implementierung eines Webcontrolling mit sich bringt, sei berechtigt. Aber es lohne sich, diese Zeit zu investieren. „Wir können so zielgerichteter arbeiten und messbare Erfolge vorweisen.“

Gunda Achterhold (12. Dezember 2018)

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