Websites auf internationale Zielgruppen ausrichten

Weltweit geht der Trend zur mobilen Nutzung von Websites. Übersichtlichkeit und klare inhaltliche Akzente sind bei der Ansprache internationaler Nutzer besonders entscheidend.

Smartphone und Tablet mit Skizze und Stift auf dem Tisch
© Ronstik/Adobe

Zu viele Informationen, zu viele Zielgruppen, zu wenig Struktur: Bei der Gestaltung ihrer Websites stehen viele Hochschulen vor ähnlichen Herausforderungen. Die Menge an wichtigen Informationen zu Hochschule, Studiengängen und Formalitäten führt leicht dazu, die Seiten mit Inhalten zu überfrachten. Die Frage nach der Zielgruppe ist daher von entscheidender Bedeutung. Nur wer sein Publikum kennt und weiß, was es will, wird Nutzer erfolgreich ansprechen können. Im internationalen Zusammenhang ist die Definition der Zielgruppe besonders anspruchsvoll, denn regional unterschiedliche Faktoren wie Sprache, Kultur oder Bildungssysteme beeinflussen die Sehgewohnheiten und damit auch die Art der Informationssuche auf Websites maßgeblich.

Auf bestimmte Zielgruppen fokussieren

„Unser Ziel ist es, Studierende aus dem Ausland verstärkt über das Internet zu gewinnen“, sagt Bianca Maria Sander vom Institut für Regionalwissenschaft (IfR) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Unsere Seite muss schnell zu finden und verständlich sein.“ Der Webauftritt richtet sich an Nutzer weltweit, mit unterschiedlichen Interessen und Voraussetzungen. „Bislang haben wir versucht, unsere vielen Zielgruppen gleichberechtigt anzusprechen“, berichtet die Diplom-Designerin, die am IfR unter anderem den Internetauftritt betreut. „Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass es sinnvoll ist, Schwerpunkte zu setzen.“ Viele Hochschulen erleben, dass sich Studierende pro forma bewerben und erst im Verlauf des Bewerbungsprozesses feststellen, dass dies nicht die richtige Hochschule oder der passende Studiengang für sie ist. „Daher ist es zielführender, die Website so zu strukturieren, dass Interessenten klare Vorstellungen von dem Angebot entwickeln und einschätzen können, ob es zu ihnen passt“, sagt Sander. Den Hochschulen bliebe dann mehr Zeit für tiefergehende Fragen der Bewerber.

Es erfordere Einfühlungsvermögen, eine Website auf die Bedürfnisse und Erwartungen einer internationalen Zielgruppe zuzuschneiden, betont Megan Brenn-White, Direktorin und Gründerin der Brenn-White Group in New York. Sie war u.a. stellvertretende Leiterin der DAAD-Außenstelle in New York, heute unterstützt die Beraterin Universitäten bei der Ausrichtung ihres Hochschulmarketings auf internationale Zielgruppen. Brenn-White rät zu einer sorgfältigen Recherche und spricht von „One-to-One-Marketing“. Experten verstehen darunter eine individualisierte Ansprache auf der Basis von Kundenprofilen. Im Hinblick auf Studierende und Forscher aus dem Ausland zählen demographische Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Herkunftsland ebenso dazu wie Werte, Lebensweise oder Ziele.

Das Suchverhalten und die Lesegewohnheiten potenzieller Bewerber unterscheiden sich international. Brenn-White rät dazu, möglichst viele Portale und Hochschulseiten aus den Ländern, die man ansprechen möchte, zu besuchen und sie gründlich zu analysieren. Durch die daraus gewonnenen Eindrücke und Erkenntnisse kann man auf regionale Vorlieben besser eingehen. Schon mit leichten Veränderungen von Texten und Bildern lasse sich oftmals viel erreichen, betont die Beraterin. Es gehe darum, vor allem jene Menschen anzusprechen, die sich leidenschaftlich für ein bestimmtes Thema oder Fach interessieren. Die Verbindung zwischen Bild und Botschaft veranschaulicht sie am Beispiel der Medical School of International Health der Ben-Gurion University of the Negev. Direkt auf der Startseite platzierte Botschaften sprechen gezielt Bewerber mit ausgeprägtem Fokus auf Global-Health-Themen an. Gezeigt werden Ärzte und Patienten aus aller Welt, die Bildsprache ist emotional.

Bei der Suche nach der eigenen Zielgruppe gibt Megan Brenn-White konkrete Fragen an die Hand:

  • Wie lassen sich typische Studierende Ihres Programms beschreiben? (Profil)
  • Welche Informationen suchen Interessenten und was wollen sie auf der Website tun?
  • Über welche Wege kommen sie auf die Website – über einen Link, E-Mail-Marketing, Google-Suche?
  • Welche Informationen zum Programm haben sie über die verschiedenen Kanäle bereits erhalten?

Das Nutzerverhalten auswerten

„Das Wichtigste muss sofort ins Auge springen“, betont Maja Hoffmann vom International Graduate Center der Hochschule Bremen. Ihr Team nutzt Analysetools und wertet das Verhalten der Nutzer regelmäßig aus. „Die Besucher unserer Seiten lesen gar nicht so viel“, beobachtet die Marketingleiterin. „Der Einstieg muss deshalb klar strukturiert und zielgruppenspezifisch sein. Wer sich angesprochen fühlt, steigt über weiterführende Seiten Schritt für Schritt tiefer ein.“ Entscheidend für die Auffindbarkeit im Netz seien relevante, aber eben auch regelmäßig aktualisierte Inhalte. Informationen zu Modulen, Terminen oder Personalien aktualisiert ihr Team im laufenden Geschäft, neue Artikel zur Stadt, zu Veranstaltungen oder zu Reisebestimmungen werden in Auftrag gegeben. Für Interessenten aus dem Ausland sind Beiträge zu Themen rund um das Leben in Deutschland oder zu Visabestimmungen von großer Bedeutung. „Nicht nur die potenziellen Bewerber, auch die Eltern informieren sich auf unseren Seiten“, so Hoffmann. „Die Sicherheit ihrer Kinder im Ausland ist für sie zum Beispiel ein sehr wichtiger Punkt.“ Ein Aspekt, der bei der Auswahl von Themen und Bildern berücksichtigt wird. Auch kleine Videos werden immer beliebter und sollen daher künftig mehr Raum erhalten. Studierende erzählen darin von ihren Erfahrungen und vermitteln Wissenswertes zum Studium. „Das müssen keine langen Filme sein“, betont Maja Hoffmann. „Lieber zehnmal eine Minute, zu verschiedenen Themen und Inhalten.“

Der Webauftritt des International Graduate Center in Bremen wird derzeit überarbeitet, um ihn an die mobile Nutzung anzupassen. Die Zahl der Besucher, die per Smartphone auf die Website kamen, stieg in der zweiten Jahreshälfte 2017 um 144 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Aktuell ist die Seite noch nicht komplett responsiv, das heißt für alle Endgeräte optimal angelegt. „Speziell das Ausfüllen von Formularen ist so eine Sache“, stellt Hoffmann fest. Sie hat sich auch auf anderen Hochschulseiten umgesehen und findet, dass die Formulareingabe vielfach noch sehr umständlich ist und lange dauert. „Dabei gibt es schon gute Lösungen, etwa bei den Krankenkassen.“ Für die Zukunft sieht die Marketingleiterin in den mobilen Technologien viel Potenzial: „Unterlagen lassen sich einfach fotografieren und in kürzester Zeit mobil versenden.“

Customer Journeys berücksichtigen

Beim Nutzer Interesse zu wecken, für die Hochschule oder für ein bestimmtes Programm, ist nur ein erster Schritt. Die Herausforderung im Hochschulmarketing besteht darin, internationale Zielgruppen über den gesamten Prozess zu begleiten: Die sogenannte „Customer Journey“, also die einzelnen Zyklen, die ein Interessent durchläuft, führt auf Hochschulwebsites zum Beispiel von der Suche nach Programmen über die erste Anfrage bis hin zu Immatrikulation und Studienzeit. Über die verschiedenen Stufen verändern sich die Ansprüche an die Inhalte. Bewerber, die sich anmelden wollen, brauchen andere Informationen als Nutzer, die bereits zugelassen worden sind. Einschreibefristen, Formalitäten oder Berichte von anderen Studierenden aus dem Ausland haben nach der Zulassung eine besonders hohe Relevanz. „Unterschiedliche Zielgruppen sollten auch unterschiedlich angesprochen werden“, betont Beraterin Megan Brenn-White. „Inhaltlich wie formal, in einer Sprache, die den Nutzern gefällt.“ Ein Best-Practice-Beispiel ist der Webauftritt der Universität Maastricht. Auf die wissenschaftlichen Inhalte des jeweiligen Studienganges bezogene Fragen wecken bei den Besuchern Interesse und vermitteln einen ersten Eindruck, was Studierende erwartet. „Do you know what you should eat before a soccer match, and more importantly, why you should eat it?” Wer sich zum Beispiel für den Bachelorstudiengang Biomedical Sciences interessiert, ist mit wenigen Klicks auf der Unterseite und wird direkt angesprochen; eine kompakte Liste der „Fast Facts“ zum Programm bietet in der Seitenleiste Orientierung auf einen Blick. Die Frage zur gesellschaftlichen Rolle von Künstlern und Autoren wiederum regt die Aufmerksamkeit angehender Masterstudierender der Literaturwissenschaften an. Die Ansprache variiert deutlich und passt sich über alle Seiten sowohl sprachlich als auch inhaltlich den fachlichen Interessen der Nutzer an.

Wenig Text und große Bilder: Die britische University of Hull wiederum arbeitet mit großformatigen Kacheln und Animationen auf der Startseite. Der Aufmacher wechselt je nach Saison („Book your Autumn Open Day now“, „Make 2018 your best year“) und fordert Nutzer zum Handeln auf (Call-to-Action). Zentrale Themenblöcke sind im responsiven Design auf einer langen, scrollbaren Seite angeordnet, Studierende aus dem Ausland werden direkt angesprochen („…we know there are some things that only international students need to know.“), eine Unterseite bündelt die für sie wesentlichen Informationen.  Mit ihrer klaren Struktur und einprägsamen Hashtags (#choosehull) ist die Website zugeschnitten auf junge Nutzer aus aller Welt, die vor allem mobil unterwegs sind.

Guter Content, hohe Reichweite – die wichtigsten Tipps:

1. Zielgruppe definieren

2. Wichtige Begriffe und Sätze priorisieren

3. Inhalte klar strukturieren

4. Wiederholungen/Überschneidungen vermeiden

5. Sprechende Links formulieren

6. Seiten mobilfreundlich anlegen

7. Sprache an die Zielgruppe anpassen

8. Inhalte regelmäßig aktualisieren

9. Nutzerverhalten analysieren

Gunda Achterhold (14. Februar 2018)

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