Nachhaltigkeit im internationalen Hochschulmarketing: Gefragt sind ganzheitliche Konzepte

Studierende diskutieren an einem Tisch mit Grünpflanzen im Hintergrund
© Umwelt-Campus Birkenfeld/Linda Blatzek

Ein “grüner Studiengang” ist noch kein Markenzeichen. International überzeugend wirken Hochschulen, die Nachhaltigkeit leben.

Autorin: Gunda Achterhold (18. Februar 2021)

Ökologische Nachhaltigkeit wird für immer mehr Hochschulen weltweit zu einem strategischen Querschnittsthema. Im internationalen Wettbewerb kann eine klare Positionierung in diesem zukunftsrelevanten Feld dazu beitragen, das Profil einer Hochschule zu schärfen und ihr Image zu stärken. Als Label im Sinne eines “Green Marketing” eignet sich das komplexe und auf vielen Ebenen spielende Thema jedoch nur bedingt. Es lebt von Substanz: Marketingbotschaften, die einen Fokus auf den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen legen, funktionieren dann, wenn sie strategisch verankert sind und im Hochschulalltag authentisch und überzeugend gelebt werden.

Studien verzeichnen einen anhaltend wachsenden Trend hin zu “grünen” Hochschulen. Laut The Princeton Review wirken zum Beispiel ein verantwortungsvoller Umgang mit natürlichen Ressourcen auf dem Campus, studentische Umweltinitiativen und ein Lehrangebot, das nachhaltige Fragestellungen im Blick hat, auf immer mehr amerikanische Studienanfänger und ihre Eltern attraktiv. Ein überzeugendes Gesamtkonzept hat Einfluss auf ihre Studienwahl.

Wichtiges Thema für Studierende

netzwerk-n – für Nachhaltigkeit und Klimaschutz an Hochschulen

Menschen verbinden, Wissen vermitteln und Good Practices: Das netzwerk n bringt Nachhaltigkeit und Klimaschutz an die Hochschulen – in Lehre, Forschung, Betrieb, Verwaltung und Transfer. Es versteht sich als studentische Plattform zur Vernetzung von Initiativen, Promovierenden und jungen Berufstätigen an Hochschulen, die sich für eine nachhaltige Entwicklung engagieren.

Auch in Deutschland spielen Umweltfragen für viele in der jungen Generation eine entscheidende Rolle. Globale Herausforderungen wie der Klimawandel und Bewegungen wie “Fridays for Future” prägen die öffentlichen Debatten und finden ihren Widerhall an Hochschulen. “Studierende stellen sehr konkrete Fragen zum Umwelt-Impact, sie wollen wissen, wie ihre Hochschule aufgestellt ist”, berichtet Dr. Eli Wortmann-Kolundžija, Agrarökonomin und assoziierte Wissenschaftlerin am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik in Bonn.

Im Akademischen Auslandsamt der Universität Gießen betreute sie bis Ende 2020 das Marketing englischsprachiger Studienangebote und die Rekrutierung internationaler Studierender. Mit Testimonials aus verschiedenen Ländern drehte sie unter anderem kleine Smartphone-Videos für die Instagram– und YouTube-Kanäle, in denen Studierende von ihren Eindrücken, Wünschen und Erfahrungen berichteten. Dabei kamen auch immer wieder Fragen zu Nachhaltigkeit auf, zum Energieverbrauch der Hochschule ebenso wie zu CO2-sensibler Digitalisierung.

“Ich war selbst überrascht, wie sehr diese Themen die internationalen Studierenden beschäftigen”, so Wortmann-Kolundžija. Die Referentin griff die Anregungen auf und förderte den Austausch der Studierenden mit Nachhaltigkeitsexperten an der Universität. “Hochschulen müssen hier transparent sein und Position beziehen können”, aus Sicht der Wissenschaftlerin ist das eine Zukunftsaufgabe. Umso mehr begrüßt sie die Pläne der Universität Gießen, bereits 2021 ein Büro für Nachhaltigkeit einzurichten.

Globale Nachhaltigkeitsstrategien in Kooperationen entwickeln

An der Universität Bonn wird Nachhaltigkeit als ein wichtiger Baustein der Internationalisierung verstanden. Die Hochschule setzt dabei auf den Standortvorteil des internationalen “Sustainability-Hub Bonn”. Die Weltgemeinschaft ist mit den Vereinten Nationen in der ehemaligen Bundeshauptstadt prominent vertreten. In der Bonner Allianz für Nachhaltigkeitsforschung arbeitet das Institut für Umwelt und menschliche Sicherheit der Universität der Vereinten Nationen (UNU-EHS) zusammen mit dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik, dem Bonn International Center for Conversion (BICC), der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und der Universität Bonn mit ihrem Zentrum für Entwicklungsforschung an Zukunftsthemen wie Bioökonomie, Künstliche Intelligenz oder Klimawandel.

“Ziel der Allianz ist es, Wissen und Kompetenzen für eine nachhaltige Entwicklung zu bündeln und zu stärken”, erklärt Tina Odenthal, stellvertretende Leiterin des International Office an der Universität Bonn. Zusammen mit der Universität der Vereinten Nationen (UNU) legte die Universität Bonn den Masterstudiengang “Geography of Environmental Risks and Human Security” auf. Der in dieser Form einzigartige Studiengang spricht internationale Zielgruppen an und zieht umweltbewusste junge Menschen aus aller Welt nach Bonn, die in ihren Heimatländern etwas bewegen möchten. “Wir wollen natürlich, dass unsere Angebote im Ausland bekannter werden, aber letztlich geht es um mehr”, betont Odenthal. “Als gesellschaftliche Akteure stehen Hochschulen in der Verantwortung, zu globalen Nachhaltigkeitsstrategien beizutragen.”

Image-Video des Masterstudiengangs "Geography of Environmental Risks and Human Security"

Image-Video des Masterstudiengangs "Geography of Environmental Risks and Human Security"

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Klimaneutral: Hochschulen setzen sich ambitionierte Ziele

Werkzeugkasten für Nachhaltigkeit

An der FU Berlin hat die Stabsstelle Nachhaltigkeit & Energie in Zusammenarbeit mit dem Center für Digitale Systeme eine Sustainability Toolbox  zur Förderung von Nachhaltigkeitsthemen in Lehre, Forschung und auf dem Campus entwickelt.

Die Freie Universität Berlin (FU Berlin) entwickelt den globalen Nachhaltigkeitsdiskurs in der University Alliance for Sustainability (UAS) im Austausch mit vier strategischen Partneruniversitäten in Israel, Kanada, China und Russland weiter. Intern bündelt und steuert die Stabsstelle Nachhaltigkeit & Energie alle Nachhaltigkeitsaktivitäten an der FU. Das Team verfolgt dabei einen partizipativen Ansatz, der alle Bereiche in den Entwicklungsprozess einbindet und auf das Engagement aller setzt. Dieser “Whole-Institution-Approach” zielt auf eine systematische Verknüpfung von Forschung, Lehre, Wissenstransfer und Campus-Management. Öffentliche Aufmerksamkeit für ihren ebenso ambitionierten wie konsequenten Einsatz für mehr Nachhaltigkeit erregte die FU Ende 2019: Als erste deutsche Hochschule erklärte sie den Klimanotstand und verpflichtete sich, die Universität bis 2025 klimaneutral zu gestalten.

Prägnant formulierte Ziele lassen sich im Hochschulmarketing ebenso gut verwenden wie Zertifikate. So darf der Umwelt-Campus Birkenfeld (UCB) markenwirksam als “grünste Hochschule Deutschlands” auftreten. Beim GreenMetric-Ranking 2020 behauptete sich der Campus der Hochschule Trier zum vierten Mal als Spitzenreiter in Deutschland, weltweit liegt er auf dem sechsten Platz. Eine wichtige Auszeichnung, die international wahrgenommen wird. Interessant ist dabei: Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der am Ranking teilnehmenden Hochschulen um 18 Prozent, auch das ist ein Hinweis auf den wachsenden Stellenwert der Thematik im internationalen Hochschulwesen.

Nachhaltigkeit ist am UCB Programm, eine Verpflichtung dazu war bereits im Gründungskonzept des 1996 eröffneten Hochschulstandorts verankert. Die “Zero-Emission-University” verbindet eine CO2-neutrale Energie- und Wärmeversorgung mit modernster Gebäude- und Anlagentechnik, alle Studiengänge beziehen Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen in die Ausbildung mit ein. Rund 2.300 junge Menschen aus mehr als 65 Ländern studieren aktuell auf dem in der Natur gelegenen Campus.

Peer-to-Peer-Marketing vermittelt umweltbewusstes Campus-Feeling überzeugend

Gebäude auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld mit Schilf im Vordergrund

“Grünste Hochschule Deutschlands”: der Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier© Umwelt-Campus Birkenfeld/Linda Blatzek

“Wer zu uns kommt, sucht sich den Standort ganz bewusst aus”, beobachtet Professor Dr. Klaus Helling, Dekan des Fachbereichs Umweltwirtschaft/Umweltrecht und Nachhaltigkeitsbeauftragter am UCB. “Unsere Studierenden interessieren sich besonders für die Module, die wirklich innovativ und grün sind.” Der klare Fokus auf Umwelt und Nachhaltigkeit werde international wahrgenommen, selbst in Corona-Zeiten sei die Zahl der Studierenden aus dem Ausland gestiegen. Englischsprachige Lehrangebote wurden in den letzten Jahren gezielt ausgebaut, beworben werden die internationalen Programme von einem International Team vor allem über Facebook und Instagram.

Die Hochschule setzt dabei auf Peer-to-Peer-Marketing, das von einer engagierten, sehr umweltbewussten Community auf dem Campus lebt. Student Stories auf Instagram erzählen vom studentischen Alltag und vermitteln ein Gefühl für das, was den Campus ausmacht. Egal, ob es um grüne Technologien geht oder Professoren über ihre Arbeit berichten: Der Nachhaltigkeitsgedanke ist auf dem Umwelt-Campus fest verankert, grüne Inhalte schwingen in allen Geschichten automatisch mit.

Schriftenreihe Hochschulmarketing

Sie möchten tiefer in die Thematik einsteigen? Band 20 unserer Schriftenreihe Hochschulmarketing bietet anhand ausgewählter Beispiele einen Überblick, wie Hochschulen Nachhaltigkeit als Element in ihren internationalen Marketingaktivitäten integrieren können.

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Auch an vielen anderen Hochschulen in Deutschland spielt Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle, das Thema wird zunehmend als strategischer Baustein der Internationalisierung verstanden. In Forschung und Lehre entsteht aktuell eine Vielzahl neuer, häufig englischsprachiger Studiengänge, die sich intensiv mit Nachhaltigkeits- und Umweltthemen auseinandersetzen und internationale Zielgruppen ansprechen. Je stärker der Nachhaltigkeitsgedanke über alle Hochschulbereiche hinweg gelebt wird und sich auch im studentischen Leben spiegelt, desto selbstverständlicher findet er Eingang in das internationale Marketing.

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